Ganztagsschule in Bayern braucht endlich schlüssiges Konzept und ein Ende der Betreuungslücken

15 Juni 2012

Ganztagsschule in Bayern braucht endlich schlüssiges Konzept und ein Ende der Betreuungslücken

Eltern haben die Qual der Wahl: Gebundene Ganztagsschule, offene Ganztagsschule, Schule mit Mittagsbetreuung, Schulen mit verlängerter Mittagsbetreuung und um den Wirrwarr an Betreuungsangeboten in Bayern ganz zu machen, gibt es auch noch Horte. Dieser bunte Strauß an Betreuungsangeboten im Freistaat verursacht enorme Kosten, führt für den Laien zu erheblichem Durcheinander und dazu, dass die Ganztagsschulbetreuung in Bayern unter ihren Möglichkeiten bleibt.



Das ist die bittere Wahrheit, denn die Betreuungsangebote sind allenfalls halbherzig und vor allem ohne ein wirkliches Gesamtkonzept. Dies haben wir FREIE WÄHLER diese Woche im Plenum einmal mehr eingefordert.



Vor allem ein Konzept, das nicht nur an vier Tagen in der Woche, sondern auch freitags greift und vor allem auch die Ferienzeit mit einbezieht. Denn was nützen alle Sonntagsreden des Kultusministers und schön aufgepäppelte Pressemitteilungen, die zwar verkünden dass der Freistaat die Ganztagsangebote konsequent und bedarfsgerecht ausbaut, aber die Konsequenz in Form eines nachvollziehbaren Konzeptes vermissen lassen.



Was wir brauchen, das sind Qualitätskriterien für den Ausbau von Ganztagsangeboten. Wir brauchen nicht nur mehr, sondern auch gut ausgestattete Ganztagsschulen in Bayern. Deshalb ist die neueste Erhebung der Bertelsmann Stiftung zum Ausbau von Ganztagschulen als eine Ohrfeige für die verfehlte Bildungspolitik in Bayern zu werten und der letzte Platz im bundesweiten Ranking keine Überraschung, sondern ein Armutszeugnis. Nur jeder zehnte Schüler in Bayern nutzt ein Ganztagsangebot, während im Bundesdurchschnitt dies rund 28 Prozent annehmen.





Kein schlüssiges Konzept verursacht nicht nur enorme Kosten, sondern ist auch eine Belastung für die Schüler. "givany hecht" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc) http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de




Nirgendwo in Deutschland werden anteilig weniger Kinder ganztägig unterrichtet als in Bayern. Und das, obwohl inzwischen mehr als 45 Prozent aller bayerischen Schulen Ganztagsangebote machen. Aber genau darin liegt der Hase im Pfeffer und das offenkundige Auseinanderklaffen der Staatsregierungszahlen und der Realität begründet. Während die Staatsregierung in ihren Statistiken stets die Anzahl der Schulen, an denen Ganztagsbetreuungsangebote durchgeführt werden, auflistet, sind es aber in Wirklichkeit stets nur einzelne Klassenzüge an den Schulen. Deshalb gibt die Zahl der tatsächlich ganztags betreuten Schülern die REALITÄT wieder.



Bei alledem ist die Frage des Warum erlaubt? Ich bin überzeugt, es liegt zu einem wesentlichen, großen Teil daran, dass die bestehenden Betreuungsangebote bei weitem nicht so attraktiv und bedarfsorientiert sind wie sie sein müssten. So mangelt es vor allem an Grundschulen im ländlichen Bereichen an Akzeptanz, weil dort flexiblere Betreuungszeiten an einigen Tagen in der Woche dafür sorgen würden, dass die Eltern eher bereit wären ihre Kinder dorthin zu schicken. Einen entsprechenden Antrag haben wir FREIE WÄHLER in einem Antragspaket nun eingereicht, weil wir aus der Erfahrung und Gesprächen mit Lehrern, Eltern und Kommunalpolitikern an vielen Stellen Nachbesserungsbedarf sehen.


Bemerkenswert einfallslos im Übrigen der Hinweis von Kultusminister Spaenle auf unseren Dringlichkeitsantrag, dass man um Kinder auch freitags Nachmittag und in den Ferien betreut zu haben, auf die neue Öffnungsklausel im BayKiBiG, wonach Schulkinder auch in die den Kindertagesstätten oftmals angegliederten offenen Hortbetreuungen könnten. Doch was ist, wenn diese in den Ferien geschlossen haben? Oh, oh, lieber Kultusminister, solch ein Hinweis tut einfach nur weh und zeigt die Konzeptlosigkeit der Staatsregierung in diesem Bereich.


Hochinteressant war in diesem Zusammenhang in dieser Woche mein Besuch bei der Tagesheimschule in München an der Hochstraße. Dort werden Schüler seit 1963 in einem Modellprojekt in der Grund-und Mittelschule von einem Dreier-Team aus einem Lehrer und zwei Erziehern pro Klasse unterrichtet. Lehrer und Erzieher arbeiten Hand in Hand, die Schule hat pädagogische Kernzeiten von 7.45 bis 16.30 Uhr und von 7.00 bis 18.00 Uhr geöffnet, einfach spitze! Kein Schüler verlässt die Schule ohne Schulabschluss. Hier kann man von einem Leuchtturm unter Bayerns Schulen mit einem großartigen Konzept sprechen. Im Übrigen gibt es jede Woche Konferenzen der Lehrkräfte und eine Ferienbetreuung findet ganz selbstverständlich auch statt. Vielleicht sollte der Kultusminister einfach einmal an der Hochstraße vorbei schauen damit er weiß, was es in Bayern Ganztagsschul-Politik noch zu verbessern gilt.


Mit unserem Antrag fordern wir FREIE WÄHLER die Staatsregierung, endlich ein schlüssiges Konzept für eine wirklich durchgehende Betreuung der Schulkinder zu erstellen und damit die Betreuungslücken an Freitagnachmittagen und in den Ferien zu schließen. Schließlich zwingen uns die Anforderungen der heutigen flexiblen und mobilen Arbeitswelt und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen über unsere bisherigen schulischen und sozialpädagogischen Konzepte vollkommen neu nachzudenken. Und hierzu steht die Staatsregierung in besonderer Verantwortung. So kommt die BERTELSMANN-Studie nicht unverhofft zu der Erkenntnis, dass die Ganztagsschulpolitik in Bayern bei all den unterschiedlichen Organisationsformen des Schulalltags „eine Reise in die Zukunft ohne klares Ziel“ sei.



 

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