Immer wieder kommen Bürger in meinem Wahlkreis nicht nur mit Fragen sondern auch ganz konkreten Vorschlägen zu bestimmten politischen und gesellschaftlichen Themen auf mich zu. Diese können mitunter sehr befruchtend auf meine parlamentarische Arbeit wirken, bieten sie doch oft neue Denkanstöße und Anregungen zu den verschiedensten Sachfragen. In meiner neuen Rubrik Felbingers Bürgersprechstunde möchte ich Ihnen regelmäßig ausgewählte Vorschläge von Bürgern vorstellen und versuchen, Hintergründe zu beleuchten, Positionen zu vergleichen und die Forderungen auf Ihre Sinnhaftigkeit zu untersuchen.
Thema: Einwanderungsgesetz
Kürzlich sprach mich ein Bürger auf ein mögliches Einwanderungsgesetz an. Dieses solle bessere Bleibemöglichkeiten für Migranten mit bestehendem Arbeitsverhältnis in Branchen, in denen Arbeitskräfte dringend benötigt werden, garantieren. Als Beispiel wurde hier das breite Feld der Pflege angeführt.
Recht auf Asyl und ein Einwanderungsgesetz
An dieser Stelle muss zunächst betont werden, dass das Recht auf Asyl Verfassungsrang besitzt. Dieses kann und darf also von einem Einwanderungsgesetz nicht beschnitten werden. Möglich und sinnvoll erscheint viel mehr ein ergänzendes Verhältnis von Asyl- und Einwanderungsrecht.
Zum rechtlichen und politischen Status quo
Das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern, besser bekannt als Zuwanderungsgesetz, ist seit dem 1. Januar 2005 in Kraft und hat sich über die Jahre als wahres Bürokratiemonster erwiesen. Beispielsweise lässt sich in Deutschland zwischen mehr als 50 verschiedenen Aufenthaltstiteln differenzieren. Darüber hinaus sieht es im Grunde keine bedarfsgerechte Regulierung von Migration vor und erscheint somit in Zeiten des Fachkräftemangels als vollkommen unzureichend. Schließlich halten Arbeitsmarkt-Experten eine hohe Netto-Zuwanderung von Fachkräften für erforderlich, um das Erwerbspotenzial hierzulande stabil halten zu können. In der Vergangenheit wurde daher beispielsweise von SPD und Grünen mit der Schaffung eines Einwanderungsgesetzes kanadischer Prägung kokettiert.
Das kanadische Einwanderungsprogramm als adäquates Beispiel?
Wer mittels Facharbeiter-Visum nach Kanada auswandern möchte, muss über eine besonders gefragte Qualifikation verfügen, also einen sogenannten „Mangelberuf“ ausüben, und sich mittels Punktesystem qualifizieren. Welche Berufsgruppen als Mangelberuf gelten, wird regelmäßig neu definiert. Das Punktesystem für das Einwanderungsprogramm umfasst die Kriterien Ausbildung (maximal 25 Punkte), Sprachkenntnisse (maximal 24 Punkte), Berufserfahrung (maximal 21 Punkte), Alter (maximal 10 Punkte), Arbeitsverhältnis (maximal 10 Punkte) und Anpassungsfähigkeit (maximal 10 Punkte). Die maximal erreichbare Punktzahl liegt somit bei 100 Punkten, die Mindestanzahl für die Aufenthaltserlaubnis liegt bei 67 Punkten.
Resümee
Das kanadische Einwanderungsprogramm stellt meiner Meinung nach ein gutes Beispiel für eine moderne Migrationsregulierung dar. Es ist sowohl bedarfsgerecht als auch transparent aufgebaut. Ein derartiges Modell ließe sich sicher auch adäquat mit Angelegenheiten des Asylrechts verknüpfen. So könnte man beispielsweise anerkannten Flüchtlingen die Möglichkeit bieten, sich über ein so gestaltetes Einwanderungsprogramm um eine fluchtunabhängige dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu bewerben. Ein solcher Ansatz entspräche nach meinem Empfinden dem eingangs erwähnten Bürgervorschlag und würde das bürokratische und begriffliche Labyrinth rund um das Thema Migration möglicherweise auch entwirren. Es stellt sich abschließend die Frage, auf welcher Ebene ein solches Einwanderungsgesetz am sinnvollsten installiert werden sollte. Solange es keine eindeutige europaweite Regelung hinsichtlich des Asylrechts gibt, empfiehlt sich die Bundesebene vermutlich als geeignetste Plattform um bedarfsgerechte Migration zu regulieren.
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