Schultrojaner hält Landtag in Atem

15 November 2011

Schultrojaner hält Landtag in Atem

Trojaner sorgen derzeit im Bayerischen Landtag für Aufsehen. War es vor wenigen Wochen ein so genannter Staatstrojaner zum Ausspähen von illegalen Informationen bei Bürgern, schloss sich diese Woche ein so genannter Schultrojaner nahtlos an. Dieser soll aufgrund einer neuen Vereinbarung zwischen der Kultusministerkonferenz und den Schulbuchverlagen zur Einführung eines Programms zur Suche nach Raubkopien auf Schulcomputern eingeführt werden. Mit mehreren Dringlichkeitsanträgen versuchte die Opposition in einer wortreichen Debatte dies zu verhindern und zumindest ein bisschen Aufhellung im Trojaner-Dunkel zu erreichen.

Diese "Plagiatssoftware" ist Inhalt eines Vertrages zwischen den Bundesländern und den Schulbuchverlagen und soll digitale Kopien von Werken, die für den Unterricht gedacht sind, aufspüren. Äußerst bedenklich ist dabei, dass angeblich weder die Landesdatenschutzbeauftragten, noch die Lehrerverbände informiert wurden. Deshalb ist die allgemeine Empörung über die geplante Einführung dieser Software durchaus berechtigt. Viele Lehrer fühlen sich einem Generalverdacht ausgesetzt. Auch wenn der Begriff „Schultrojaner“ wohl nicht zutrifft, da keine heimliche Überprüfung stattfinden würde, muss klar sein, dass ein Einsatz der Software nicht vor der Überprüfung durch den Landesdatenschutzbeauftragten stattfinden darf. Es ist zwar nachvollziehbar dass die Schulbuchverlage versuchen, nicht zulässige Kopien und den daraus entstehenden Schaden zu verhindern. Die Software muss aber auf jeden Fall den Belangen des Datenschutzes gerecht werden, vor allem wenn man bedenkt, welche Informationen auf diesen Rechnern hinterlegt sind, seien es Statistiken zu Lernstandserhebungen oder zu den Durchschnittsnoten. Der Schutz dieser Daten muss auf jeden Fall gewährleistet sein. Angesichts der aktuellen Debatte wird die Verunsicherung der Bevölkerung in Bezug auf weitere Datenskandale wieder deutlich.

In Paragraph 6 Absatz 4 dieses ominösen Gesamtvertrags wurde festgelegt, dass die Verlage den Schulaufwandsträgern sowie den kommunalen und privaten Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung stellen, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können. Ferner wurde vereinbart, dass die Länder die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software vorausgesetzt darauf hinwirken werden, dass jährlich mindestens 1% der öffentlichen Schulen ihre Speichersysteme durch Einsatz dieser Plagiatssoftware auf das Vorhandensein solcher Digitalisate prüfen lassen.

Ist schon letzterer Punkt ein Kuriosum, wonach nämlich dann jährlich die Auswahl der Schulen erfolgen soll, so ist die grundsätzliche Frage, inwieweit mit dieser Software nicht noch über den „Kopierüberprüfungs-Zweck“ hinaus andere Daten damit abgefragt werden können. Unseres Erachtens ist deshalb zunächst einmal sicher zu stellen, dass mit dieser Software ausschließlich der Zweck des Kopierschutzes abgefragt wird und jegliche weitere darüber hinausgehende Abfragen ausgeschlossen sind.

Die Staatsregierung argumentierte in ihren Äußerungen, dass dieser Vertrag deshalb nötig geworden sei, weil der vorherige  abgelaufene gleichnamige Vertrag aus dem Jahr 2008 keine diesbezügliche Regelung beinhaltete. Und da die Verlagen bei den damaligen Verhandlungen einen insoweit vereinbarten Auskunftsanspruch über das Vorhandensein von Digitalisaten zur Voraussetzung für die weitere vertragliche Einräumung der Einwilligung zum Vervielfältigen von für den Unterrichtsgebrauch bestimmten Werken gemacht hatten, sei dies nun unumgänglich und eine solche Einwilligung nach § 53 Abs. 3 Satz 2 des Urheberrechtsgesetzes erforderlich.

Auch über den Zeitpunkt des Einsatzes hüllt sich das Kultusministerium derzeit noch im Schweigen. Derzeit wird die entsprechende Software nach den Angaben des „vds Bildungsmedien“ erst noch entwickelt. Bevor das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus eine Empfehlung an die Schulaufwandsträger zu deren Einsatz herausgeben wird, muss meines Erachtens erst einwandfrei die datenschutzrechtliche ebenso wie die technische Unbedenklichkeit festgestellt werden. Sollte die Software datenschutzrechtlich bedenklich sein, von ihr Risiken für die Schulrechner ausgehen oder sie Eigenschaften eines so genannten „Trojaners“ aufweisen, darf sie nicht zum Einsatz kommen.

Nach dem Staatstrojaner folgt nun ein Schultrojaner. Foto von Dieter Schütz/ PIXELIO



 

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