Realitätsferne Prüfungen vom Kultusministerium und den Schulämtern in Bayern

24 Mai 2011

Realitätsferne Prüfungen vom Kultusministerium und den Schulämtern in Bayern

Wie wenig ist dem Freistaat eigentlich die Bildung seiner Kinder wert? Diese Frage stellt sich mir zwangsläufig wenn ich – wie in der vergangenen Woche geschehen – wieder einmal mit Gegebenheiten im harten Schulalltag konfrontiert werde, die mich einfach sprachlos machen. Eine gut funktionierende Einheit wie die Grundschule Ostheim mit dem Außenstandort Willmars in der Rhön, die vier harmonisch funktionierende jahrgangsgemischte Klassen seit diesem Schuljahr haben, sollen nun zum nächsten Schuljahr wieder komplett auseinander gerissen und neu formiert werden, weil zu wenige Schüler in der gesamten Jahrgangsstufe vorhanden seien.

War im vergangenen Jahr noch von dem „pädagogischen Konzept“ der Jami-Klassen die Rede und wurde dies seitens des Schulamtes und der Regierung noch protegiert, so soll im kommenden Schuljahr dieses Kartenhaus wieder zusammen fallen. Nein, so kann keine Schulpolitik funktionieren. So kann weder Vertrauen in die Bildungspolitik geschaffen, noch Glaubwürdigkeit vermittelt werden. Wo sind da Fingerspitzengefühl und Flexibilität? Vor allem stört mich am meisten, dass an den Schulämtern scheinbar willenlose Ausführungsgehilfen der Regierungen und des Kultusministeriums sitzen, denen Pädagogik entgegen all ihren Verlautbarungen letztendlich NICHTS bedeutet, denn sonst würden sie nicht solche Lösungsmöglichkeiten überhaupt erst andenken.

Es ist wieder einmal die Frage nach der ausreichenden Ausstattung der Schulen mit Lehrpersonal. Dieser ewige Konflikt – die Freien Wähler hatten deshalb einen Haushaltsänderungsantrag für 2000 zusätzliche Lehrer gestellt – führt alljährlich zu den Unstimmigkeiten zwischen Elternschaft und Politik. Dabei würden für den vorliegenden Fall wie auch für viele andere, gleichgelagerte Fälle nur wenige zusätzliche Lehrerstunden reichen. Vielleicht wären es aufs Land gerechnet 100 zusätzliche Lehrerstellen, die ausreichen würden um hier in den Grundschulen verlässliche Prozesse zu gewährleisten. Diese fünf Millionen Euro sollten der Staatsregierung es eigentlich wert sein etwas mehr Ruhe in die Bildungspolitik zu bringen. Doch scheinbar weit gefehlt. Die bayerische Bildungspolitik bleibt weiter Hauptangriffspunkt einer schwach agierenden Staatsregierung.

Diese Aussage wird auch durch die völlig realitätsfernen Fähigkeitstests, die das Kultusministerium den Zweit-und Drittklässlern in den vergangenen Wochen zugemutet hat. Da sollten Zweitklässler unregelmäßige Verben, die erst im Lehrplan der dritten Klasse stehen, lösen. Das gleiche Spiel wiederholt sich in der dritten Klasse: Grundschulkinder in ganz Bayern sollten beispielsweise beim dreitägigen VERA-Test – das ist eine Art Pisa-Test für Grundschüler – in dieser Woche einen Aufsatz schreiben. Das Thema: ihre Meinung zu „Graffiti“.

Mag das für Stadtkinder angesichts der vielen Graffitis in Städten noch eine lösbare Aufgabe sein, so stellt sich das für Kinder der Grundschule Willmars, das mitten in der beschaulichen Rhön im ländlichen Raum liegt, wie ein Buch mit sieben Siegeln dar. Das nächste Graffiti ist erst zig Kilometer weg in der Kreisstadt Bad Neustadt zu finden. Viele von den Kindern haben noch nie in ihrem Leben überhaupt ein Graffiti gesehen. Auch von den Aufgabenstellern hat mit Sicherheit noch Niemand Willmars gesehen! Das wäre manchmal durchaus sinnvoll, wenn sich Ministerialbeamte auch die Realität ansehen würde bevor sie an der Realität vorbei Luftballons starten, die schnell in der Luft zerplatzen.

Für mich ist es ein weiteres trauriges Beispiel dafür, wie realitätsfern das Kultusministerium handelt. Man kann doch bei Kindern nicht Begrifflichkeiten abfragen, die noch gar nicht bekannt oder gelernt worden sind. Das Kultusministerium setzt hier Wissen voraus, das nicht gegeben ist - einfach weltfremd. Es ist absurd, dass das Kultusministerium seine eigenen Lehrpläne nicht kennt und ein solch hohes Leistungsniveau ansetzt, wenn klar ist, dass die Kinder daran scheitern werden. Was sollen diese Tests denn dann bringen – außer Frust für Schüler, Lehrer und Eltern?

Die schüler dieser Grundschulklasse in willmars(Landkreis Rhön-Grabfeld) sollten einen Aufsatz zum Thema Graffitti schreiben, obwohl nur zwei Schüler wußten was ein Graffitti ist und das nächstegelegene Hauswandgraffitti in der rund 40km entfernten Kreisstadt zu finden ist.



Im Gegenzug entstehen dann aber aus solchen Tests Rankings, mit denen wiederum die Schulen bewertet werden. Die FREIEN WÄHLER setzen sich für ein besseres Bildungssystem in Bayern ein. Statt die Kinder mit unnützen Tests zu quälen, sollten die Klassen verkleinert und mehr Lehrer eingestellt werden. Dann würde der Unterricht auch wirklich verbessert, und Schüler, Lehrer und Eltern würden von dem besseren Bildungssystem profitieren.


 

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