Kleinst-Grundschulen sind umsetzbar

6 Juni 2015

Kleinst-Grundschulen sind umsetzbar

Südtirol zeigt, wie es geht


Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg! Südtirol macht es vor und behält sich in jedem Ort seine Dorfschule – egal, wie klein diese ist. Zwölf Schüler hat beispielsweise eine der Dorfschulen im Pustertal. Deren Schulamtsdirektor berichtete bei einem Symposium des Bayerischen Lehrerinnen und Lehrerverbandes (BLLV) , dass dies nahezu zum Selbstverständnis eines jeden Bürgermeisters gehöre, die Schule am Ort unter allen Umständen zu halten. Gemäß dem Motto: ist die Schule weg, ziehen auch die Leute weg.


Wie vernünftig, kann ich da nur sagen! So viel Vernunft müsste auch in Bayern vorhanden sein! Aber weit gefehlt, erst im vergangenen Jahr erlebten wir im Bildungsausschuss, dass die CSU-Mehrheit die Grundschul-Garantie des Ministerpräsidenten ignorierte und die Zwergen-Grundschule in Unterjochman abwickelte. Sehr zum Leidwesen der Unterjocher Bürgerinnen und Bürger, die mit einem ganzen Bus gekommen waren. Deren Bürgermeister legte noch dar, dass man auf ehrenamtlicher Basis die komplette Schulkindbetreuung arrangieren würde, wenn nur die Schule am Ort bliebe.


Das Ende vom Lied war: die Grundschule in Unterjoch musste die Pforten auf CSU-Geheiß schließen und seitdem gehen die zwölf Unterjocher Kinder ins benachbarte Österreich in eine Zwergenschule mit 13 Kindern. Verrückte Welt möchte man fast sagen!


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So von beiden Ereignissen geprägt machte ich mich kürzlich mit meiner Fraktionskollegin Gabi Schmidt auf den Weg nach Südtirol, um in Welsberg deren Grundschul-Philosophie kennen und schätzen zu lernen: Schule und Architektur müssen zueinander passen, damit individualisierender Unterricht gelingen kann. Das wurde mir schon relativ schnell nach Betreten des Schulgebäudes in Welsberg klar. Beim Vorstellen der wichtigen Leitlinien der Südtiroler Bildungspolitik durch Direktor Dr. Josef Watschinger, den Leiter des dortigen Schulsprengels, und des Koordinators des Schulverbundes Pustertal, Josef Kühebacher, wurde deutlich, dass es politischer Wille im Pustertal ist, die Grundschule am Ort zu halten, denn eine Schule würde das Leben in der Gemeinde maßgeblich mitgestalten und die Kommune attraktiv für junge Familien halten.


Mit Hilfe eines gemeinsamen Schulsprengels aus sieben Grundschulen wäre dafür eine gute organisatorische Grundlage geschaffen worden, damit auch „Kleinst-Schulen“ gehalten werden können. Dr. Watschinger machte aber auch deutlich, dass das im Jahr 2000 verabschiedete Schulautonomiegesetz eine wichtige Grundlage dieser Entwicklung in Südtirol war – denn erst das Gesetz ermöglichte den Schulen mehr Freiheit und Verantwortung vor Ort.


Gleichzeitig konnten aber Strukturen geschaffen werden, damit die Schulen diese Verantwortung auch wahrnehmen können. Kindergärten, Schulen und weitere Institutionen schlossen sich im Schulverbund zusammen, um gemeinsam die neuen Herausforderungen anzugehen. Die Vernetzung zwischen frühkindlicher Bildung und Schule wäre deshalb gelebte Praxis und vor allem auch im Hinblick der Inklusion sehr erfolgreich.


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Beim Rundgang durch die Grundschule Welsberg erfuhren wir, dass man diese als „Wohnraum-Schule“ konzipiert und für den Bau in erster Linie nur lokale Produkte wie beispielsweise einheimisches Holz verwendet hatte. Hierbei wirkte sich unterstützend aus, dass sich die Schularchitektur nach dem „pädagogischen Konzept“ der Schule ausrichten müsste, wie Dr. Watschinger erläuterte. Grundlage dafür bilden die neuen Schulbaurichtlinien, die Südtirol dazu festgeschrieben hat.


Mit dieser überschaubaren organisatorischen Aufstellung, die Südtirol praktiziert, wird es möglich, was wir uns auch in Bayern wünschen: Die Verantwortlichen vor Ort entscheiden möglichst viel selbst und es entsteht eine echte Bildungsregion, die sich zunehmend selbst trägt und flexibel auf die vielfältigen gesellschaftlichen und pädagogischen Herausforderungen reagieren kann. Und noch mehr: Die Grundschule in Welsberg ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass Teilhabe funktionieren und Inklusion zu einer Selbstverständlichkeit werden kann, wenn man die nötigen Rahmenbedingungen schafft.



 

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