Dem Sitzenbleiben durch gezielte Förderung vorbeugen

26 April 2013

Dem Sitzenbleiben durch gezielte Förderung vorbeugen

Die Frage nach Sinn oder Unsinn von Pflichtwiederholungen geistert seit Jahren mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder durch die Presse. Manche Bildungspolitiker fordern die gänzliche Abschaffung, da das Wiederholen eines Schuljahres ineffizient und teuer sei.


In meinen Augen scheint die Frage „Sitzenbleiben. Ja  oder nein?“ unzulässig verkürzt.  Anstatt über eine generelle Abschaffung nachzudenken, ist es meiner Meinung nach wesentlich sinnvoller, sich Gedanken darüber zu machen, wie eine Pflichtwiederholung nach Möglichkeit vermieden werden kann. Hier gibt es eine eindeutige Antwort: Wir brauchen eine bessere, d.h. individuelle Förderung der Kinder. Das kann aber nur mit ausreichend pädagogischem Personal umgesetzt werden. Kenntnislücken dürfen bei den Schülerinnen und Schülern nach Möglichkeit gar nicht erst entstehen. Wenn sie aber, z.B. durch eine längere Erkrankung eines Kindes, dennoch entstanden sind, müssen sie schnellstmöglich wieder geschlossen werden.




Benjamin Thorn / PIXELIO / pixelio.de




Wie aber können derartige Lücken in der Praxis vermieden werden? Hier gibt es meiner Meinung nach mehrere Steuerungsinstrumente. Ein wichtiger Faktor ist sicherlich die Klassenstärke. In einer großen Klasse ist es für den Lehrer schwieriger, den Lernfortschritt jedes einzelnen Schülers und jeder einzelnen Schülerin  im Auge zu behalten als in einer kleinen. Daher ist die Forderung nach kleineren Klassen seit Jahren  eine zentrale Forderung der FREIEN WÄHLER. Darüber hinaus brauchen wir zusätzliche Förderlehrer, die bei Bedarf noch einmal im Einzelunterricht oder in Kleinstgruppen den Lernstoff mit den Kindern wiederholen und einüben.


Gerade im Eingangsbereich, sprich in der Grundschule, brauchen wir auch mehr Flexibilisierung. Hier werden die Weichen für Lernerfolge gestellt, deshalb sollte es den Kindern hier auch möglich sein, in ihrem eigenen Lerntempo voranzugehen. Bislang ist das nur an einigen wenigen Grundschulen in Bayern und auch  nur in der ersten und zweiten Klasse möglich. Wir brauchen  eine Ausweitung der flexiblen Eingangsklasse, bei der die Schüler die ersten beiden Jahrgangsstufen je nach eigener Situation in einem, in zwei oder in drei Jahren durchlaufen können, auf alle bayerischen Grundschulen und auch auf die Jahrgangsstufen drei und vier. Auch der Ganztagsunterricht muss deutlich ausgeweitet werden. Untersuchungen haben eindeutig belegt, dass sich Schulleistungen im Ganztagsbetrieb gerade bei schwächeren Schülern verbessern. All diese Steuerungselemente ermöglichen eine entspannte und damit produktive Lernatmosphäre.


Jeder erfahrene Pädagoge weiß aber auch, dass die Ursachen für Schulversagen oft gar nicht im Unterrichtsstoff oder im schulischen Umfeld liegen, sondern sehr häufig im familiären Umfeld der Kinder. Die Trennung der Eltern oder ein Krankheits- oder Todesfall in der Familie, aber auch andere familiäre Probleme sind häufig Auslöser für sinkende Leistungen. Kinder brauchen hier Ansprechpartner. Deswegen plädieren wir FREIEN WÄHLER auch auf eine deutliche Unterstützung der Schulen durch Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter. Vieles, was früher die Familie aufgefangen hat, muss heute durch außerfamiliäre Strukturen bewältigt werden.


Ich bin sicher, dass es uns mit diesen Steuerungselementen gelingen wird, die Zahl der Wiederholer noch einmal deutlich zu reduzieren.


Trotzdem muss das Instrument der Pflichtwiederholung einer Klasse als letzte Konsequenz mangelnder schulischer Leistung erhalten bleiben. Ich bin mir durchaus bewusst, dass das Wiederholen eines Schuljahres eine schmerzhafte Zäsur in der Schullaufbahn eines jungen Menschen ist. Der Leistungsaspekt ist jedoch nicht nur eine wichtige Säule des mehrgliedrigen Schulsystems, sondern auch unserer Gesellschaft. Wenn wir Kinder fit fürs Leben und die Berufswelt machen wollen, dürfen wir diesen Aspekt nicht außer Acht lassen. Gerade die Schule trägt bei den Heranwachsenden dazu bei, eigene Grenzen ebenso wie eigene Stärken und Schwächen zu erfahren. Deshalb brauchen wir keine ‚Kuschelpädagogik‘, sondern Schulen,  die Kinder mit  einer liebevollen, aber auch konsequenten Lernerfahrung zu stabilen Persönlichkeiten heranreifen lassen.



 

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