Aufschrei gegen den Schnellschuss BayKiBiG

5 Juli 2012

Aufschrei gegen den Schnellschuss BayKiBiG

Im ICE-Tempo will die Staatsregierung nun partout die Novellierung des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG) noch vor der Sommerpause durchboxen, obwohl es vor inhaltlichen Mängeln nur so strotzt und den Namen Novellierung eigentlich gar nicht verdient. Als ich dieser Tage beim Parlamentarischen Abend mit dem Vorstand des Bayerischen Städtetages die Sichtweise der FREIEN WÄHLER zum BayKiBiG und unsere Verbesserungsvorschläge, die wir jetzt als Änderungsanträge eingegeben haben, vorstellte, erhielten wir dessen volle Zustimmung.


Das neue BayKiBiG ist für die Kommunen ein Tropfen auf den heißen Stein und fast der Rede nicht wert. Zu wenig sind die Verbesserungsvorschläge der Oppositionsparteien und der betroffenen Verbände berücksichtigt worden und überdies hatten diese keine Gelegenheit zur Diskussion erhalten. Das haben alle Oppositionsparteien in dieser Woche in einer gemeinsamen Pressekonferenz nochmal mit der klaren Aussage kritisiert: übereiltes Verfahren beim BayKiBiG und nahezu alle Einwände einfach übergangen.


In gerade mal einem Monat soll das Gesetz im sogenannten beschleunigten Verfahren durchgepeitscht werden. Dabei gibt es viel an dem neuen BayKiBiG auszusetzen. Unter anderem ist das Gesetz nicht genügend inklusionskompatibel, fördert also nicht ausreichend die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung. Außerdem sind Einwände von Trägern und Verbänden nicht berücksichtigt worden. Die bemängeln, dass noch immer zu viele Kinder auf einen Erzieher kämen. Auch wird nicht bedacht, dass Mädchen und Buben unter drei Jahren mehr Förderung benötigen und auch deutlich mehr Personalaufwand erzeugen.


Selbst die „amputierte“ Version der geplanten Beitragsfreiheit ab dem letzten Kindergartenjahr ist meiner Meinung nach zu hinterfragen, denn die verschlingt von den 185 Millionen Euro, die pro Jahr zusätzlich investiert werden, 132 Millionen – der Rest entfällt auf die Qualitätsverbesserung. Das ist in meinen Augen zu wenig: Qualität geht vor Beitragsfreiheit!





Pressekonferenz im Landtag zum BayKiBiG v.l.: Renate Ackermann (Grüne), Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD), Tanja Schweiger (FREIE WÄHLER), Dirk Oberjasper (Pressesprecher FW)


Deshalb fordern wir FREIEN WÄHLER mit fünf Änderungsanträgen nochmals Nachbesserung: So wollen wir eine Erhöhung des Faktors für Kinder unter drei Jahren auf den Faktor 3.0. Ebenso plädieren wir für die Einführung eines Gewichtungsfaktors für sogenannte Risikokinder und die Einführung einer staatlichen Sockelfinanzierung. Nach unserer Meinung und nachdem was ich auch auf meiner BayKiBiG-Veranstaltung in Lohr-Steinbach von den Betroffenen erfahren habe, werden die Modalitäten der kindbezogenen Förderung des BayKiBiG den realen Anforderung in den Einrichtungen nur zum Teil gerecht. Der Verwaltungsaufwand in den Einrichtungen, Personalausfall durch Urlaub, Krankheit, Fort- und Weiterbildung, Randzeitenbetreuung u.v.m. wird in der Erzieherinnen-Kind-Relation nicht angemessen berücksichtigt. Eine grundlegende staatliche Sockelfinanzierung, unabhängig von der kindbezogenen Förderung, trägt diesen Umständen Rechnung und erleichtert die Planungssicherheit in den Einrichtungen.



Des Weiteren fordern wir einen Gewichtungsfaktor für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache und keine Beschränkung auf bestehende Einrichtungen, sodass die Anrechnung der Zeiten in schulischen Einrichtungen auch für künftige Einrichtungen gilt. Die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf bestehende Einrichtungen, die bereits zwei Jahre ohne Inanspruchnahme der Flexibilisierungsmöglichkeit gefördert wurden ist unseres Erachtens nicht nachvollziehbar und kontraproduktiv. Eine Zusammenrechnung der Zeiten in Kindertageseinrichtungen oder Tagespflege mit Zeiten in schulischen Einrichtungen, wie es Art. 2 Abs. 5 Satz 1 des BayKiBiG vorsieht, muss auch für künftige Einrichtungen gelten.



Wieder einmal typisch ist die Reaktion der Staatsregierung. Auf den Einwand hin, dass die Verbände-Meinung zu wenig berücksichtigt worden sei, entgegnet Sozialministerin Haderthauer, dass in allen Eckpunkten dazu ein Dialog stattgefunden habe. Ich weiß in diesem Zusammenhang auf die Formulierung „Eckpunkte“ hin. Das Ausschmücken der Ecken fand dann ohne Zutun der Betroffenen statt. Da fällt mir doch nur ein passender Vergleich ein. Wie schön, wenn die Staatsregierung den Rohbau mit den Betroffenen abstimmt und die komplette Einrichtung dann nach ihrem Gusto vornimmt. Würden Sie sich in einem solchen Haus wohlfühlen?



 

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen