Volksbegehren hat Zeichen gesetzt

24 Juli 2014

Volksbegehren hat Zeichen gesetzt

Volksbegehren treibt Veränderungen am Gymnasium voran


'Eine krachende Niederlage für das Volksbegehren der Freien Wähler‘, so titelte eine bayerische Tageszeitung wenige Tage nach dem Ende der Einschreibungsfrist für das Volksbegehren „Ja zur Wahlfreiheit G8/G9“. Sicher, 2,9 Prozent bayernweit für unser vorgelegtes Konzept zur Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums, da hätte ich mir deutlich mehr gewünscht, idealerweise 10 Prozent. Aber wir müssen nüchtern feststellen: die Unterschriften haben nicht dafür gereicht das Volksbegehren „Wahlfreiheit zwischen G9 und G8“ durchzubringen. Aber wir haben ein Zeichen gesetzt! Und dieses Zeichen führt dazu, dass die Zukunft des Gymnasiums weiter heißes Diskussionsthema ist. Insofern war das Volksbegehren richtig und erfolgreich, es hat nur nicht zum Ziel geführt


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Fast hätte man meinen können Kultusminister Spaenle hätte sich ein erfolgreiches Volksbegehren gewünscht, denn dann hätte er nicht wie beim zweiten Dialogforum in diesen Tagen nach dem Volksbegehren im Kultusministerium mit Eltern- und Lehrerverbänden, kirchlichen Vertretern und Vertretern aus der Wirtschaft herumdrucksen müssen um die alles entscheidende Frage: sollen es künftig acht oder neun Jahre sein? So hatte man ganz den Eindruck Spaenle scheut sich vor der Entscheidung und scheint sich im Wirrwarr der Meinungen zu verheddern und am Ende kommt das flexible Flexijahr in Quadratform heraus.


Jedenfalls können wir zufrieden feststellen, dass die Unterschriften nicht umsonst waren. Hierauf kann bei weiteren Themen zur Bildung im Landtag aufgebaut und auf die notwendigen Änderungen in Struktur und Organisation immer wieder hingewiesen werden. Auf so eine Veränderung habe ich erst dieser Tage wieder hingewiesen. Es betrifft die Einführung der zweiten Fremdsprache. Nachweislich verlassen nach der 6. Klasse die meisten Gymnasiasten die Schule und ankern bei der Realschule. Da darf man doch mal fragen, warum das so ist? Und da kommt man ganz leicht auf die vorgezogene Einführung der zweiten Fremdsprache in der 6. Klasse gegenüber einem Jahr später im früheren, neunjährigen Gymnasium. Auch viele Gymnasiallehrer sind dieser Meinung. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, was Spaenle demnächst im Kabinett als die revolutionäre Lösung für das Gymnasium herauslässt.


 An der Stelle möchte ich noch einmal persönlich allen „Danke“ sagen, die mitgeholfen haben beim Volksbegehren. Besonders beeindruckt haben mich dabei zwei Dinge. Einmal eine tolle Veranstaltung in der Kitzinger Innenstadt mit einer Reihe von beteiligten Freien Wählern aus Stadt und Landkreis Kitzingen. Wie Schwärme sind wir über die Menschen hergefallen und haben ihnen den Weg ins Rathaus gewiesen. An den zwei Stunden Öffnungszeiten kamen auf diese Weise so viele Unterschriften zusammen wie in den zehn Tagen zuvor nicht. Solche Aktionen hätten wir bayernweit sicher mehrere gebraucht.


G9 Torwand Gruppenbild


Begeistert haben mich aber auch die 11,1 Prozent in meiner Nachbargemeinde Neuendorf. 76 von 683 Wahlberechtigten sind an einem Montagnachmittag zur Sonderöffnungszeit marschiert und haben damit bayernweit für das beste Ergebnis einer Kommune gesorgt. Ich hatte dafür auch alle Energie aufgewendet und mit meinem Wahlkampf-Team zuvor in jedem Haushalt einen Flyer mit den Sonderöffnungszeiten abgeliefert. Auch von diesen Aktivitäten hätten wir mehr gebraucht, dann wären deutlich mehr Prozent heraus gekommen.


Es zeigt aber auch ein Problem der Volksbegehren auf. Neuendorf gehört zur Verwaltungsgemeinschaft Lohr und im gesamten Zeitraum wurde im Eintragungslokal der VG Lohr keine einzige Unterschrift aus Neuendorf abgegeben, sondern alle nur vor Ort. Doch leider hatten sehr viele Gemeinden die in Verwaltungsgemeinschaften organisiert sind eben keine Sonderöffnungszeiten vor Ort. Und da bewahrheitet sich einmal mehr, dass der Weg von der Couch zum Rathaus eben ein sehr weiter ist.


Sicher gibt es weitere Ursachen für das Scheitern des Volksbegehrens. Zum sechsten Mal innerhalb von einem dreiviertel Jahr ins Wahlamt, das war vielen Menschen das Thema nicht wert. Man muss aber auch feststellen, dass es das dritte Volksbegehren mit einem Bildungsthema war, das klar scheiterte. Also was lernen wir daraus: Bildung ist kein Thema für ein Volksbegehren. Denn bei der Bildung ist es etwa so wie mit dem Fußball. Es gibt Millionen von Bundestrainer und alle meinen, sie wüssten Bescheid. Was man sich an den Infoständen über fehlende Lehrer, mangelhaftes Lehrpersonal, überfüllten Lehrplan und viele andere Dingen mehr anhören durfte, hatte alles nichts mit dem Volksbegehren-Thema zu tun. Sprich, für viele Menschen ist der Unterschied zwischen acht oder neun Jahren nicht greifbar.


Nichtsdestotrotz ziehe ich eine mehr als positive Bilanz dieser Kampagne. Wir haben ein Thema gesetzt, das auch in Zukunft nicht mehr weg zu diskutieren ist und immer mit uns Freien Wählern verbunden bleibt. Und wird Spaenle sich nicht doch fürs G9 entscheiden, dann wird die Diskussion weiter gehen: Topp, die Wette gilt!


Und wenn ich wenige Tage nach dem Volksbegehren Pressemitteilungen wie die des Bayerischen Elternverbandes (BEV) lese, "Eine falsch gestellte Frage – dennoch die richtige Antwort! Der Bayerische Elternverband (BEV) begrüßt den Ausgang des Volkbegehrens der Freien Wähler zur Wahlfreiheit zwischen einem acht oder neunjährigen Gymnasium (G8 / G9) in Bayern. Er warnt jedoch, dieses Votum als Zufriedenheit mit dem Status Quo miss zu interpretieren. Aus zahlreichen Gesprächen weiß ich, dass Eltern wie Schüler dem bayerischen Gymnasium nicht gleichgültig gegenüberstehen, sondern berechtigte Kritik äußern. Sie verstehen jedoch nicht, warum man zuerst über die Dauer der Schulzeit entscheiden sollte – damit werden die Probleme nicht gelöst. Für sie ist die Frage einfach falsch gestellt!“, dann weiß ich auch, dass dies ein weiterer Grund für das Scheitern des Volksbegehrens war, dass die Schulfamilie sich der Tragweite der Entscheidung gar nicht bewusst war. Wie peinlich eine solche Pressemitteilung für einen Elternverband ist, das tut schon weh!


Hier und hier finden Sie außerdem für einen kurzen Rückblick zwei Interviews zum Thema Wahlfreiheit G8/G9.



 

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