Noch lange keine Entwarnung bei der kommunalen Finanzkrise

16 August 2012

Noch lange keine Entwarnung bei der kommunalen Finanzkrise

ESM, Fiskalpakt sind in aller Munde, wen kümmert da das (finanzielle) Dasein der Kommunen? Seit dem Abschluss der Arbeit der Gemeindefinanzkommission der Bundesregierung (2010-2011), und mit dem Aufkommen der Staatsschuldenkrise in Europa wird der kommunalen Finanzkrise nur noch marginale Aufmerksamkeit geschenkt. Dies wird zudem durch die aufgrund der guten konjunkturellen Lage in Deutschland verbesserten Steuereinnahmen verstärkt. Dennoch bleibt festzustellen, dass die kommunale Finanz- und Verschuldungskrise, die ihre Anfänge in den 1990er Jahren hat und als ein schleichender Prozess charakterisiert werden kann, auch angesichts der bisher erzielten Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission noch keineswegs überstanden ist.


Nach deutlichen Defiziten in den Jahren 2009 bis 2011 von insgesamt 18,9 Mrd. Euro, können die Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland für 2012 mit einem Überschuss von ca. 2 Mrd. Euro rechnen. Diese finanzielle Entspannung ist dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer und dem Ertrag der Gewerbesteuer geschuldet, die dazu führte, dass das kommunale Steueraufkommen im Jahr 2011 insgesamt um 9,3% gestiegen ist. Für 2012 rechnet man mit einem weiteren Anstieg von 4,5%. Soweit so gut, doch bekanntlich hat jede Medaille zwei Seiten!


Denn dem gegenüber steigen jedoch die Kosten für die soziale Sicherung in den kommunalen Haushalten weiterhin ungebremst. 2011 war hier ein Anstieg von 3,6% zu verzeichnen, 2012 wird eine Steigerung von 4,3% erwartet. Damit liegen die Kosten für die soziale Sicherung 2012 erstmals über 45 Mrd. Euro, wobei insbesondere die Leistungen im Bereich der Jugendhilfe, der Hilfen zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege und der Grundsicherung im Alter deutlich stärker zu Buche schlagen.



Glücklicherweise können die Kommunen künftig, gerade im Bereich der sozialen Leistungen, mit einer höheren Entlastung rechnen. Anfang 2012 wurden bei den Verhandlungen zur Reform der Hartz-IV-Gesetzgebung vereinbart, dass die Lasten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schrittweise bis 2014 vollständig durch den Bund übernommen werden (2012: 45%). Im Rahmen der Vereinbarung über die Zustimmung der Bundesländer zum Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalvertrag) wurden weitere Kostenübernahmen durch den Bund zugesichert, der sich demnach bei den Kosten für die Eingliederungshilfen für Behinderte (Entlastung ca. 4 Mrd. Euro) stärker beteiligen und auch die Kosten der Grundsicherung schneller übernehmen wird. Eine finanzielle Entlastung für die Kommunen soll es zudem bei der Förderung der Kindertagesplätze und beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs geben. Auch sollen sie von künftigen Belastungen durch mögliche Strafzahlungen aufgrund einer Nichteinhaltung des Fiskalpaktes ausgenommen werden.





Wer denkt bei ESM und Fiskalpakt noch an das kommunale Dasein? Foto: Gerd Altmann/PIXELIO; pixelio.de


Neben diesen positiven Entwicklungen muss jedoch zum einen konstatiert werden, dass es einen – zum Teil auf bestimmte Bundesländer begrenzt – hohen Bestand an fundierten Schulden und Krediten zur Liquiditätssicherung gibt, und zum anderen die im Durchschnitt positiven Entwicklungen nicht für alle Kommunen spürbar werden. So profitieren von den signifikant angestiegenen Gewerbesteuereinnahmen auch nur die Kommunen, die über eine entsprechende Gewerbeansiedlung verfügen. Daher existiert unter den Kommunen eine deutliche Kluft , die auch nicht mehr durch die kommunalen Finanzausgleichsysteme aufgefangen werden kann. Dies führt dazu, dass Bundesländer wie Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen oder auch Sachsen-Anhalt spezielle Entschuldungsprogramme auflegen. Jedoch lässt sich bei den Entschuldungshilfen kein einheitliches Bild bei der Vorgehensweise aufzeigen.


Der Stärkungspakt Stadtfinanzen in Nordrhein-Westfalen beispielsweise zielt auf einen möglichst schnellen Haushaltsausgleich, während der Entschuldungsfonds in Rheinland-Pfalz zwei Drittel des Bestandes der Liquiditätskredite abbauen soll. Die teilnehmenden Kommunen verpflichten sich jeweils zu erheblichen Eigenleistungen, um die finanzielle Hilfe des Landes zu erhalten. Zwar begrüßen die kommunalen Spitzenverbände die Entschuldungshilfen der Länder, da hiermit signalisiert werde, dass die Bundesländer ihrer finanziellen Verantwortung gegenüber den Kommunen gerecht werden wollen. Allerdings wird unisono eingewandt, dass die Konsolidierungs- und/oder Entschuldungshilfen nur kurz- bzw. mittelfristige Lösungen für die Kommunen darstellen. Um eine langfristige Lösung der kommunalen Finanzkrise zu erreichen, bedarf es neben einer stärkeren finanziellen Entlastung, vor allem durch den Bund, auch struktureller Veränderungen im Gemeindefinanzsystem.



 

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