Gemeinsam für ein besseres Gymnasium

30 April 2014

Gemeinsam für ein besseres Gymnasium

G8 plus 1 = G9 oder G9 minus 1 = G8: Gemeinsamkeiten zur Veränderung am Gymnasium mit Volksbegehren bündeln


Eine wirkliche Überraschung war das Ergebnis unserer Bildungs-Informationsveranstaltung im Würzburger Rudolf-Alexander-Schröder-Haus zur "Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums“ nicht. Die anwesenden Bildungsexperten und Zuhörer waren sich in einem einig: das G8 ist am Ende und das bayerische Gymnasium braucht eine Neuausrichtung! Wie diese nun im Einzelnen aussehen können, auch darüber gibt es viele einzelne Details: angefangen von Vorstellungen zu Stundentafeln, Lerninhaltsreduzierungen oder der grundsätzlichen Frage, etwa wann die zweite Fremdsprache beginnen soll. Doch dies alles gleicht nahezu einer Phantom-Diskussion, denn zunächst muss einmal eine Grundsatzentscheidung her, ob überhaupt am bisherigen G8 etwas verändert werden soll?


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In zahlreichen Debatten im Landtag und bei diversen Anträgen und Gesetzentwürfen zu Veränderungen hat die CSU dies bisher strikt abgelehnt und auch Kultusminister Spaenle hat bisher außer Nebelkerzen kein Anzeichen erkennen lassen, dass das G8 fallen gelassen wird. Deswegen muss die ganze Aufmerksamkeit unserem Volksbegehren gelten, bei dem über diese grundsätzliche Gesetzesänderung, dass neben dem G8 auch das G9 angeboten werden soll, entschieden werden soll. Dabei – und das war auch eine der ganz wesentlichen Botschaften dieser Infoveranstaltung für die Besucher – erfolgt mit einem positiven Entscheid beim Volksbegehren noch längst keine Festlegung, ob das bayerische Gymnasium als reines G9 oder als Ergänzung zum G8 mit der weiteren Option auch das G9, angestrebt werden soll.


 Diese Erkenntnis ist für mich keine neue, aber für viele Zuhörer war sie so in der Tat neu. Denn einem positiven Volksbegehren würde dann ohnehin noch einmal ein Volksentscheid folgen und dem könnte ein offener Dialogprozess aller am Bildungsprozess beteiligten Verbände, Organisationen und Parteien vorausgehen, um dann möglichst eine Konsens-Lösung mit breiter Zustimmung zu bekommen. Denn unterm Strich war am Ende der zweistündigen Diskussion feststellbar, dass große Gemeinsamkeiten zwischen den derzeit kursierenden Vorschlägen und Modellen vorhanden sind und nur in Nuancen leicht differierende Ansätze dagegen stehen. Etwa bei der Inhaltsfrage gab es unterschiedliche Vorstellungen bei den Vertretern der beiden Lehrerverbände zwischen ‚Lehrplan-Kürzungen‘ bis hin zu ‚auf keinen Fall weitere Streichungen von Inhalten‘.


Einig waren sich die Diskutanten auf dem Podium auch, dass der Schlüssel zum Erfolg für ein zukunftsfähiges Gymnasium nur mit mehr Zeit zum Lernen und Leben zu erreichen ist. Die persönliche Reife und ein qualitatives, vertieftes Lernen der Schülerinnen und Schüler, um somit die Studierfähigkeit zu erlangen, stehen für uns im Vordergrund unserer Betrachtungen. Und um gerade den individuell unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten der Schüler Rechnung zu tragen, muss man deshalb die Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9 schaffen. Deren Vorteil liegt vor allem darin, dass die Entscheidung für das Jahr länger erst nach der sechsten Klasse erfolgen kann, sodass bereits zwei Jahre Entwicklungsverlauf einer Schülerbiografie am Gymnasium als Entscheidungskriterium zur Verfügung stehen.


Dass dies durchaus gut funktionieren kann und von der Organisation her möglich ist, darüber berichtete Oberstudiendirektor Uwe Petersen, Schulleiter des Wilhelms-Gymnasium in Kassel. In seinem Grundsatzreferat legte er dar, dass die Grundlage für das Funktionieren eines Parallel-Angebots von G8 und G9 eine intensive Elternarbeit sei. „Man muss die Eltern mit ins Boot nehmen und sie in Beratungsgesprächen immer wieder in die Planungen einbeziehen und ihnen die damit verbundenen individuellen Entwicklungsmöglichkeiten ihres Kindes vor Augen führen", so Petersen.


An seinem Gymnasium, das als eines von 13 Modell-Gymnasien in Hessen die Wahloption seit nunmehr zwei Jahren anbietet, habe sich gezeigt, dass durchaus anfangs Verunsicherung der Eltern hinsichtlich der Wahlmöglichkeit vorhanden gewesen sei, sich diese jedoch durch mehrere Elternabende und Elterngespräche problemlos abbauen ließ. „Mit der Wahlmöglichkeit eröffnet sich jede Schule neue Handlungsfelder und wird attraktiver, weil auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler besser eingegangen werden kann", so Petersen.


An seiner Schule habe sich so eine moderate Verteilung der beiden Zweige ergeben. Von 140 Schülern entschieden sich nach der sechsten Jahrgangsstufe 80 für G9 und die Übrigen für G8.


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Zustimmung zu Veränderung des jetzigen bayerischen Gymnasiums kam auch seitens des unterfränkischen Bezirksvorsitzenden des Bayerischen Philologenverbandes, Peter Stegmann, der „mehr Zeit zum Vertiefen" als wichtig ansah und ähnlich dem Freie Wähler-Modell ein G9 mit der Möglichkeit des G8 für besonders begabte Kinder als sinnvoll ansah. Auch da wurde deutlich: der Unterschied zwischen dem Philologen-Vorschlag, ein grundsätzliches neunjähriges Gymnasium anzubieten und besonders begabten Schülern die Möglichkeit des Überspringens einer Klasse zu ermöglichen (also de facto G9 minus 1 Jahr = G8), und unserem Modell G8 und G9 (G8 plus 1 Jahr = G9) anzubieten, ist marginal und eher eine Frage der Sichtweise.


Die Auswirkungen für das ehrenamtliche Engagement von Kindern und Jugendlichen beschrieb Thomas Öffner, Diözesanvorsitzender des BDKJ. „Während der Zulauf zu dem Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr riesig ist, weil die Jugendlichen Abiturienten ein Jahr der Reife und des Lernens für das Leben suchen, ist das ehrenamtliche Engagement in unseren Organisationen, gerade bei den Gruppenleitern, stark rückläufig. Hier müssen sich die Kinder bereits früh auf die Schule fokussieren und haben nicht mehr die Zeit für außerschulische Aktivitäten wie noch beim G9“.


Eindringlich ermunterte Daniel Osthoff, Vorsitzender der Initiative „Bessere Bildung für Bayern“, „jetzt die Gemeinsamkeiten zu suchen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen" und das Volksbegehren zu unterstützen. „Nur mit einem erfolgreichen Volksbegehren werden wir den Schalter zu einer längeren Gymnasialzeit definitiv umlegen können. Über die Ausgestaltung im Einzelnen kann man danach im gemeinsamen Konsens reden", so Osthoff.


Hier finden Sie einen aktuellen Beitrag des BR zum Volksbegehren!



 

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