Geduld als gute Tugend in der Bildungspolitik

4 Juli 2012

Geduld als gute Tugend in der Bildungspolitik




Manchmal fühlt man sich als Bildungspolitiker wie auf einem Basar. Kaum ist im Schulbereich irgendein Thema neu beschlossen worden, schon wird über Änderungen in der Öffentlichkeit diskutiert. Ich kann mich noch sehr gut an das Gesetzt zur Inklusion, das wir im vergangenen Jahr mit der interfraktionellen Arbeitsgruppe in monatelangem Diskurs geschneidert haben, erinnern. Kaum war es mit Beginn diesen Schuljahres in Gang gesetzt, folgen seitdem nahezu wöchentlich, manchmal täglich Mails und Stimmen, die alles ganz anders haben wollen.

Von einer solchen Vielfalt an Meinungen lebt die Demokratie, das ist auch gut so! Doch gibt es heute eigentlich für neu beschlossene Themen, egal ob die Inklusion oder die verschiedenen Schulreformen vom R6 über das G8 bis zu den Mittelschulverbünden überhaupt noch eine Schon- oder Bewährungszeit für diese Beschlüsse? Ich glaube, dass wir alle als Gesellschaft gut daran täten auch einmal Dinge reifen zu lassen. Dazu fällt mir spontan die Inklusion an den Schulen ein. Wie viele Diskussionen habe ich dazu in den vergangenen Wochen geführt und Dutzende von Verbesserungsvorschlägen von allen Seiten gehört. An allen Themen, angefangen vom Schulbegleiter, mehr Personal, besser Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte, unabhängige Beratung und vielen anderen Themen sind wir Politiker dran und überlegen, wie sie implementiert oder umgesetzt werden können. Aber, das kostet Zeit und geht nicht von heute auf morgen. Etwa ein Jahr Vorlaufzeit müssen bei einer Gesetzesänderung in Kauf genommen werden, ehe alle Institutionen und Verbände etc. „durchlaufen“ sind. Also Geduld ist gefragt!





Was bleiben sollte ist, im Intersse der Schüler zu handeln. "Mariesol Fumy" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc) http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de


Auch die ewige Diskussion um Veränderungen am Gymnasium G8 ist ein Beispiel dafür. Jetzt haben sich Schüler, Eltern und Lehrer nach acht Jahren endlich daran gewöhnt, schreien wiederum auch Eltern- und Lehrerverbände nach Änderungen: Vom Zurück zum G9 über die Wahlmöglichkeit zwischen G8 und G9 an ein und derselben Schule bis hin zum Entrümpeln der Lehrpläne ist so ziemlich alles auf dem Markt was für Schlagzeilen in der Öffentlichkeit sorgt. Und für jene Schlagzeile und der Sorge um Machtverlust opfern gerade auch Politiker gerne alles. So hat sich doch auch Ministerpräsident Seehofer dieser Tage geäußert, dass er sich eine Rückkehr zum G9 vorstellen könne, um am nächsten Tag dies gleich wieder zu revidieren. Hat denn der Gedächtnisschwund oder meint er, er könnte die Wählerinnen und Wähler für dumm verkaufen? So etwas finde ich verantwortungslos!


Gleichwohl mich die G8/G9-Diskussion auch nicht loslässt. Ich möchte dazu mal zwei Ansichten beispielhaft darlegen. Wenn ich mit Gymnasiallehrern spreche, so sind die der klaren Meinung, es beim G8 zu belassen und die Rahmenbedingungen, sprich Lehrpläne verbessern. Wenn ich mit Eltern spreche, so vernehme ich schon größtenteils Unzufriedenheit vornehmlich über Unterrichtsausfall und den gefühlten Leistungsdruck. Beide Meinungen suggerieren sehr wohl Handlungsbedarf. Da sehe ich zum einen Korrekturen an den Lerninhalten, sprich eine Verstärkung der Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch als dringend notwendig an und zum anderen mehr Personal, beispielsweise in Form einer integrierten Lehrerreserve auf die jedes Gymnasium im Bedarfsfall zurückgreifen könnte. Damit wäre mit relativ bescheidenen Veränderungen große Wirkung erzielt und die Diskussionen würden verstummen. Da ist nun die Staatsregierung gefragt und muss weitere Finanzmittel in die Hand nehmen, um diesen Missständen endlich Abhilfe zu schaffen. Im Übrigen eine „ewig junge“ Forderung der FREIEN WÄHLER.


Aber einem Gedanken in der G8/G9-Diskussion kann ich wirklich etwas abgewinnen. Diesen hat dieser Tage der hessische Ministerpräsident Bouffier ins Gespräch gebracht. Denn im Nachbar-Bundesland können Eltern künftig wählen zwischen G8- und G9-Gymnasien. Sprich die Schulgremien bzw. Schulfamilie eines Gymnasiums können entscheiden, ob sie die achtjährige oder die neunjährige Version bevorzugen. Das würde meines Erachtens in vielen ländlichen Bereichen durchaus für das eine oder andere Gymnasium eine Option darstellen, um sich gegenüber anderen G8-Gymnasien abzuheben. Gleichwohl muss man wiederum eines zu bedenken geben, denn eigentlich haben wir in Bayern die neunjährige Form nach wie vor. Zwar nicht am Gymnasium, aber an der FOS/BOS besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit in neun Jahren zum Abitur zu kommen. Daran sieht man, wie überflüssig manche Diskussion ist, wenn man nur manchmal ein bisschen mehr Nachdenken würde und alle vorhandenen Möglichkeiten ausnutzen würde. Da wäre manchmal weniger Wind in der bayerischen Bildungspolitik.



 

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