Gaskraftwerke nur unter bestimmten Bedingungen sinnvoll

10 April 2012

Gaskraftwerke nur unter bestimmten Bedingungen sinnvoll

Einst war die Energiewende in aller Munde. Ich habe bewusst 'einst' geschrieben, denn derzeit hat man angesichts der Entscheidungen auf Bundesebene und des nicht vorhandenen Kompass' der Staatsregierung nicht gerade den Eindruck, dass die Energiewende wirklich von ALLEN gewollt wird. Da passte in diesen Tagen die Meldung, dass nun auch die unterfränkischen Landräte mit einer Resolution den Bau eines Gaskraftwerks am bisherigen Atomkraftwerksstandort Grafenrheinfeld befürworten. Erneuerbare Energien? Und nun Gas? Diese Gedanken werden Ihnen sicher auch beim Lesen dieser Zeilen durch den Kopf gegangen sein?


Dazu kann man sehr differenziert stehen und auch ich habe anfangs, als vor mehreren Monaten die Gaskraftwerks-Diskussion erstmals aufkam, dies grundlegend abgelehnt. Gaskraftwerke stehen in direkter Konkurrenz mit Photovoltaik und Windenergie. Diese produzieren im Normalfall genau zu den Spitzenverbrauchzeiten (mittags) Überschuss, zu denen auch Gaskraftwerke bevorzugt ihren Strom ausschließlich zu Höchstpreisen zuschalten würden. Gaskraftwerke sind wegen unwägbar steigender Primärenergiekosten und daraus bedingten kurzen Auslastungszeiten seit kurzem nicht mehr grundlastfähig und somit auch nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Dies äußern sogar potentielle Betreiber und fordern als Ausgleich hohe staatliche Subventionen.


Der Zuwachs an EE-Strom in den letzten Jahren vor allem zu Spitzenverbrauchszeiten hat die Situation grundlegend geändert. Betreiber zögern und weigern sich, solche Kraftwerke zu bauen, weil sie die Konkurrenzsituation erkannt haben. Sie würden neue Kraftwerke nur noch dann bauen, wenn auf dem Wege von hohen staatlichen Subventionen die Ertragslage im Abschreibungszeitraum gesichert wäre. Dies wäre allerdings ein fataler Anachronismus, gilt es doch stattdessen die Energiewende umzusetzen und den Ausbau der Erneuerbaren Energiequellen zu fördern. Den EE-Zubau zu deckeln und die EEG-Förderung zu reduzieren stünde in krassem Widerspruch zur Subventionierung von fossiler Gasverbrennung.


Energieversorger weigern sich, Gaskraftwerke als Wärmequelle für Fernwärmenetze permanent zur Verfügung zu stellen. Der Einsatz lediglich zu Spitzenverbrauchszeiten verhindert eine kontinuierliche Wärmeversorgung. Wegen der ungenutzten Wärmeenergie ist in der Folge auch die Effizienz solcher Kraftwerke deutlich geringer. Außerdem widerspricht eine solche Energieproduktion eindeutig dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK), das eine Wärmenutzung für neue Anlagen auch in Hinblick auf deren finanzielle Förderung zwingend vorschreibt.





Starke Konkurrenzsituation, gerade zu Spitzenverbrauchszeiten. Foto: Rainer Sturm/ PIXELIO


Nunmehr scheinen sich aber die Anzeichen zu verdichten, dass bis zum anvisierten Ausstieg aus der Kernenergie in Grafenrheinfeld im Jahr 2015 die Versorgungssicherheit mit regenerativen Energien noch nicht gesichert werden kann.


Sollte dies tatsächlich so sein, dann müsste in der Tat mit einem Gaskraftwerk eine Art Überbrückungstechnologie geschaffen werden. Aber angesichts des sich anbahnenden Streites um Rentabilität, Vorrangprinzip und Subventionen sage ich hier an dieser Stelle auch ganz klar: Es wäre sinnvoll, wenn der Staat neue Gaskraftwerke selbst betreiben würde, bevor er hohe Subventionen für Energiemultis zahlt. Schließlich wollen wir nicht nur eine ENERGIE-Wende, sondern auch eine Wende beim Betrieb der Energieanlagen.


Klar ist auch, dass in den kommenden Jahren die Gaspreise parallel zu den Ölpreisen massiv ansteigen werden. Dadurch wird auch die Rentabilität von Gaskraftwerken kontinuierlich sinken. Beim Neubau müssen wir deshalb aufpassen, dass wir nicht wieder in große Abhängigkeiten von Energieriesen geraten, die das Gas liefern, die Kraftwerke betreiben und am Ende die Wertschöpfungskette bis zum Endkunden beherrschen.


Deshalb ist ein Engagement des Staates beim Bau der Kraftwerke zu überlegen und auch, auf dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zu setzen, die den Bürgern gehören. Wir müssen vor allem die Technik vorantreiben, Gas selbst zu erzeugen, beispielsweise durch Elektrolyse mittels Erneuerbarer Energien. Somit könnten die Gaskraftwerke mittelfristig mit regenerativem Biogas statt mit importiertem Gas betrieben werden.


Und nur unter diesen Voraussetzungen würde in meinen Augen der Bau von Gaskraftwerken Sinn machen. In Anbetracht der vorhandenen Infrastruktur und der noch nicht zu garantierenden Versorgungssicherheit durch regenerative Energien ist es also überlegenswert, sich über ein Gaskraftwerk am Standort Grafenrheinfeld Gedanken zu machen – den Zielen der Energiewende entspricht dies gleichwohl nicht in vollem Umfang. Der Bau eines Gaskraftwerks würde zumindest helfen, Standort und rund 20 Arbeitsplätze vor Ort zu sichern. Mittelfristiges Ziel muss es jedoch sein, der Energiewende über den Ausbau regenerativer Energien zum Erfolg zu verhelfen. Kurzfristig brauchen wir von der Bayerischen Staatsregierung ein klares Signal und ein klares Bekenntnis zu den Erneuerbaren Energien.


Denn eines muss bei der Diskussion um Gaskraftwerke auch berücksichtigt werden: Der Bau von Gaskraftwerken würde die Forderung der Energiekonzerne, mit Hilfe der höchst gefährlichen und umweltschädlichen Fracking-Methode Schiefergas auch in Deutschland zu fördern weiter anheizen. Bürgerinitiativen kämpfen schon jetzt dagegen. Auch die Abscheidung, der Transport und die Verpressung von CO2 in unsicheren Endlagern bekäme wieder Rückenwind, obwohl sich gerade dagegen in der Bevölkerung massiver Widerstand bildet. Durch das Verbrennen von Erdgas wird CO2 freigesetzt. Nicht so viel wie bei Kohle oder Öl, es ist aber trotzdem überflüssig, weil andere CO2-freie Energiequellen zur Verfügung stehen.





Bald raucht es nicht mehr in Grafenrheinfeld. Doch was kommt dann?! Foto: Ulli Przyklenk/ PIXELIO



 

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