Flüchtlingspolitik lässt zu wünschen übrig

11 September 2014

Flüchtlingspolitik lässt zu wünschen übrig

Derzeit vergeht kaum ein Tag an dem in den Nachrichten, in Online-Portalen, Fernsehen oder Zeitungen nicht von dem derzeitigen Mega-Thema Flüchtlinge und deren Versorgung und Unterbringung die Rede ist. In der Tat kann man von einem regelrechten Flüchtlingsstrom sprechen, der derzeit auf Deutschland und Bayern einströmt. Eine Tragödie ist dabei, dass im reichen Deutschland und dem boomenden Bayern mit den hilfesuchenden Flüchtlingen wie mit Menschen von einem anderen Stern umgegangen wird. Übervolle Flüchtlingslager, ablehnende Haltungen zur Aufnahme von Flüchtlingen von Mandatsträgern von der Kommune bis ins Land und eine erstarrte bayerische Staatsregierung, die derzeit mit Schuldzuweisungen und Ausflüchten vom eigenen Versagen in der Flüchtlingspolitik abzulenken gedenkt.


Von den Landkreisen wird erwartet, dass sie die zugewiesenen Flüchtlinge und Asylbewerber aufnehmen und ordentlich unterbringen, der Freistaat Bayern jedoch wird dieser Aufgabe selbst nicht gerecht und begnügt sich mit Schuldzuweisungen an die Bundesregierung und die Nachbarländer. Ich denke es ist jetzt an der Zeit, dass die Staatsregierung ihre Vogel-Strauß-Taktik der vergangenen Jahre aufgibt und endlich Verantwortung übernimmt. Der Ministerpräsident und die betroffenen Minister müssen endlich ihre Hausaufgaben machen statt sich in der Sommerpause zu verstecken oder, wie Sozialministerin Müller, sich überhaupt nicht zu rühren.




Maik Schwertle  / pixelio.de

Maik Schwertle / pixelio.de


Hinzu kommt unser Ministerpräsident Seehofer, der als CSU-Vorsitzender auch am Tisch der Bundesregierung, welche offensichtlich ebenfalls überfordert ist, sitzt und seinen Mund erst wieder aufmacht, wenn er im gelobten Bayernland ist. So kann es nicht weiter gehen mit unserer Flüchtlingspolitik. Leid kann Jedem von uns einmal widerfahren und Jede/r wäre dann froh, wenn ihm Asyl geboten würde.


Immerhin, die nunmehr in der Kabinettssitzung vereinbarten Schritte zeigen, dass Bewegung in die Sache kommt. Allerdings werden 6.600 neue Plätze in der Erstaufnahme nicht ausreichen. Dennoch begrüße ich den Wunsch des Ministerpräsidenten, sich mit Kommunalpolitikern, Kirchenvertretern, Flüchtlings- und Wohlfahrtsorganisationen an einen Runden Tisch zu setzen. Ich hoffe aber, dass dabei mehr heraus kommt, als bei den wortschwülstigen Kabinettssitzungen.


Einmal mehr fordern wir FREIE WÄHLER die Staatsregierung auf, sich beim Bund für mehr Personal beim Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge einzusetzen: zur schnelleren Bearbeitung der Asylanträge, zur raschen Umnutzung von Bundesliegenschaften und für eine unbürokratische Überwindung der aktuellen Misere. Außerdem sollen so eine schnellere Arbeitserlaubnis, die Verbesserung des Betreuungsschlüssels bei der Asylsozialberatung auf 1:150, eine bessere Abstimmung der europäischen Flüchtlingspolitik, das Einhalten der sicheren Drittstaatenregelung und ein stärkeres Engagement in den Herkunftsregionen der Flüchtenden erreicht werden, um die Fluchtursachen abzustellen.


Wie behäbig die bayerische und deutsche Flüchtlingspolitik ist beweist für mich das Beispiel des dringend notwendig einzustellenden Personals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg, um eine zügigere Bearbeitung der Asylverfahren hin zu bekommen. Bereits vor rund zwei Jahren thematisierten wir dieses Problem bei einem Besuch im BAMF. Seither hat sich sehr wenig bis NICHTS getan. Angeblich gäbe es kein fachspezifisches Personal. Dass ich nicht lache. Ich behaupte, in Wahrheit will man gar keine Beschleunigung der Verfahren und hofft irgendwann auf die „Aufgabe“ der Asylbewerber.  Doch da ist die Rechnung ohne die Asylbewerber gemacht. Zahlreiche Hungerstreiks in der Vergangenheit belegen die Enttäuschung bei den Flüchtlingen.


Auch das Dilemma der fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten ist ein hausgemachtes Problem der bayerischen Staatsregierung, denn wie eine Nachfrage meines Kollegen Dr. Hans-Jürgen Fahn bei der Staatsregierung ergeben hat, stehen derzeit bayernweit unzählige Staatliche Gebäude leer und ohne Funktion da. (Eine Aufzählung solcher Gebäude in Unterfranken finden Sie hier!) Sicher könnte man davon einen Bruchteil für die Flüchtlinge zur Verfügung stellen, aber weit gefehlt.


Deshalb fordern wir Freie Wähler als Sofortmaßnahme dringend einen bayerischen Flüchtlingsgipfel sowie einen Masterplan und einen ständigen „runden Tisch.“




Dieter Schütz  / pixelio.de

Dieter Schütz / pixelio.de


Der wachsende Zustrom von Flüchtlingen und die derzeitige Unfähigkeit der Staatsregierung, aktuelle Probleme (z.B. Erstaufnahmeeinrichtungen in allen Regierungsbezirken) zu lösen, machen dies notwendig. Wegen der Versäumnisse der Staatsregierung in den letzten Jahren droht die Lage völlig aus dem Ruder zu laufen. Die Bayerische Staatsregierung scheint hilflos zu sein und Ministerin Müller ruft nach einem EU-Flüchtlingskommissar, ohne die Ruder selbst in die Hand zu nehmen. Wir brauchen eine konzertierte Aktion, einen Masterplan von Land, Bezirken, Kommunen (einschl. der kommunalen Spitzenverbände) und Sozialverbänden mit vielen Themen. Gleichzeitig soll der Landtag einen ständigen „runden Tisch“ „Aktuelle Flüchtlingspolitik“ einrichten, der die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels mit den dort Beteiligten  umsetzt.


Themen und Diskussionsstoff hätte ein solcher Flüchtlingsgipfel genug:  Finanzierung und schnelle Bereitstellung von Unterkünften. Nutzung staatlicher Liegenschaften (Bestandsaufnahme) bzw. Nutzung von Kasernen; Privatisierung (Betreiber sind dann private Investoren; z.B. Fa. ORS Bayern) von Flüchtlingsheimen ist voranzutreiben. Schaffung von 8 Erstaufnahmeeinrichtungen in den Bezirken bis 1.1.2015. Zügige, regionale und gerechte Verteilung der Flüchtlingsströme. Orientierung am sogenannten Coburger Modell,  das eine prozentuale Zuteilung nach der Einwohnergröße vorsieht und grundsätzlich jede Kommune mit einbezieht.


Dazu gehört auch die Sensibilisierung der Bürger in den Städten, Gemeinden und Landkreisen, in die Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten geschickt werden oder Bereitstellung von Wohnraum mit staatlicher Unterstützung für die Asylbewerber, die ausziehen dürfen. Eine deutliche Aufstockung der finanziellen Mittel für die Asylsozialberatung und eine verbindliche Festlegung eines Betreuungsschlüssels von 1:150 und Erhöhung des staatlichen Finanzierungsanteils von derzeit 70 % auf 80%.


Als kurzfristige notwendige Maßnahmen stehen auf der Agenda: Keine Abwälzung der Kosten für die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auf die Träger der Jugendhilfe. Weiterhin Finanzierung der Kosten für die Fehlbeleger in dezentralen Unterkünften durch den Freistaat, Aufstockung der Mittel für Sprachkurse der Asylbewerber (jeder der einen Sprachkurs absolvieren will, soll diesen auch absolvieren können). Mittel- und langfristig ist eine Lösung auch auf europäische Ebene nötig, was Bayern bisher abgelehnt hat.



 

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