Erst blockieren, dann kopieren… parlamentarischer Alltag bei der CSU/FDP-Koalition

30 November 2011

Erst blockieren, dann kopieren… parlamentarischer Alltag bei der CSU/FDP-Koalition

Ab und an kommt es vor, dass mich die Abläufe im bayerischen Parlament – sagen wir – „verwundern“ und so sei das Folgende ein weiterer Beitrag in der Rubrik „Kurioses aus dem Landtag“.

Der Sachverhalt ist eigentlich ein ganz einfacher: Bei einer Studie des Bundes für Umwelt und Naturschutz – BUND – wurde festgestellt, dass die Phthalate-Belastung in Kindertagesstätten dreimal so hoch war wie in normalen Haushalten. Phthalate sind Weichmacher in Kunststoffen, die beispielsweise in Turnmatten und Gymnastikbällen enthalten sind. Es sind hormonelle Schadstoffe, die vor allem bei Kindern in bereits geringsten Vorkommen zu gravierenden Veränderungen im Hormonhaushalt führen und langfristig sogar Krebs auslösen können. Unserer Fraktion lag diese Studie vor, weshalb die FREIEN WÄHLER im Mai einen Antrag gestellt haben, in dem wir die Staatsregierung dazu aufgefordert haben, sich für ein Verbot des Einsatzes von Phthalate-Weichmachern in Produkten einzusetzen. Der Antrag wurde Ende Juni im Umweltausschuss behandelt und letztlich vertagt. Der Vertagung haben wir zugestimmt, weil die CSU uns zugesichert hatte, dass sie bereits seit mehreren Monaten Untersuchungen zu dieser Problematik durchführen würde. Bei der Ausschusssitzung hat sich dann aber herausgestellt, dass gar kein Antrag existierte, es gab keine Drucksachennummer! Das allein halte ich schon für gelinde gesagt anmaßend, aber es wird noch schöner: Im Oktober hat die CSU ihrerseits einen Berichtsantrag an ihre eigene Regierung (!) zur Weichmacher-Problematik gestellt. Und einen Tag später, als unser Antrag endlich im Ausschuss hätte behandelt werden sollen, fielen von Vertretern der Ministerien Sätze wie: eine akute Gefährdung durch die Phthalate sei nicht gegeben. Sie seien ja nicht akut toxisch, sondern nur reproduktionstoxisch. Als ob das die Sache besser machen würde… Jedenfalls ist unser Antrag dann auch folgerichtig abgelehnt worden. Ein weiterer Antrag der GRÜNEN, der in eine ähnliche Richtung wie unserer ging, übrigens auch. Zugestimmt worden ist dem Antrag der CSU. Einen Bericht wollte man auf jeden Fall haben!

Wenn auch Sie sich bisher schon gewundert haben, dann freuen Sie sich jetzt auf den eigentlichen Schildbürgerstreich der CSU: Diese Woche kam nämlich eine Überraschung aus dem Sozialministerium in Form einer Pressemitteilung mit der Überschrift: „Gefährliche Weichmacher“. Familienstaatssekretär Sackmann forderte darin ein EU-weites Verbot besagter Chemikalien. Wörtlich hieß es hier: „Besonders Eltern sorgen sich um die Gesundheit ihrer Kinder. Diese Ängste nehme ich sehr ernst, denn gerade unsere Kleinsten und Jüngsten brauchen unseren besonderen Schutz.“ Ich kann dieser Äußerung nur aus tiefster Seele zustimmen. Wir hatten den Verbotsantrag schließlich nicht aus irgendeiner Laune heraus gestellt, sondern weil uns das Wohl unserer Kinder am Herzen liegt. Schade nur, dass wir dabei von Seiten der regierenden Parteien so blockiert wurden! Aber immerhin scheinen wir die Staatsregierung damit auf eine zündende Idee für eine originelle und anrührende Pressemitteilung gebracht zu haben.

Zuletzt noch eine kleine Schlussnotiz: spätestens jetzt  hätte der von der CSU geforderte Bericht zur Phthalate-Problematik eigentlich als völlig hinfällig betrachtet werden können, schließlich hatte man seitens der Regierung bereits eingestanden, dass die Weichmacher gesundheitsgefährdend sind und in Kindertagesstätten nichts zu suchen haben. Das hat die CSU-FDP-Koalition jedoch nicht davon abgehalten in der gestrigen Sitzung noch einmal geschlossen für den Berichtsantrag zu stimmen... Da fällt einem doch wirklich nichts mehr dazu ein.

Giftige Weichmacher gehören nicht ins Kinderspielzeug!. Foto von CFalk/ PIXELIO



 

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