Der Griff ins Antiquariat – Betreuungsgeld

27 April 2012

Der Griff ins Antiquariat – Betreuungsgeld

Manchmal fragt man sich, wie sehr sich politische Parteien noch verbiegen müssen, um ihrem Wählerklientel gerecht zu werden? Das  Beispiel Betreuungsgeld ist so ein Fall! Selbst in der CDU heftig umstritten, wollen es die Christ-Sozialen partout in der Bundesregierung durchbringen und damit ihre familienpolitische Rückwärtsgewandtheit unter Beweis stellen.



Verunglimpfend, aber nicht ganz falsch ist gelegentlich auch von der „Herdprämie“ die Rede. Dies bezeichnet nichts Anderes als die Absicht der CSU, jenen Eltern, die für die Betreuung ihrer Kinder keinen Kindergartenplatz nutzen, als Belohnung Geld zu geben.



Meiner Meinung nach ist dies ausgemachter Quatsch, denn die Entscheidung wird bei denen, die sowieso zu Hause sind, nicht von 50 Euro im Monat abhängen, sondern von der Überzeugung das Beste für ihr Kind zu wollen. Es wird also ganz offensichtlich Geld dafür bezahlt, dass sie eine sonst kostenpflichtige Leistung eben nicht in Anspruch nehmen. Demnach handelt es sich um eine Art „Stilllegungsprämie“, wie sie beispielsweise jahrelang auch Bauern zugutekam, damit sie auf ihren Feldern nicht so viel anbauen. Der Grund ist der gleiche, es gab zu viel Getreide beziehungsweise es gibt nicht genug KITA-Plätze.



Wie schizophren das Vorhaben der CSU ist, zeigt folgender Vergleich: Statt neue Kitaplätze zu bauen, was pro Platz rund 1000 Euro im Monat kostet, bekommen die Eltern ein bisschen von dem Geld, damit der Bedarf nicht ganz so stark steigt, quasi eine Betreuungs-NICHT-Nutzungsprämie. Das ist in etwa so, wie wenn die Regierung erklärt, sie wolle staatliche Schulbildung verbessern und Schulen attraktiver machen, bezahlt aber gleichzeitig die Eltern dafür, dass sie ihre Kinder an Privatschulen schickt. Logischerweise müsste dies dann Bildungsgeld oder Bildungsprämie heißen.




Foto: Simone Hainz/ PIXELIO





Deshalb kann die einzige Alternative zum Betreuungsgeld nur ein flächendeckend ausgebautes Netz an Kinderbetreuungseinrichtungen sein. Das Betreuungsgeld würde nur Milliarden kosten und würde völlig falsch investiertes Geld bedeuten.


Wir hingegen brauchen das durchgängige Angebot ganztägiger Betreuung und Bildung, damit Eltern sich frei entscheiden können, ob sie berufstätig und damit wirtschaftlich unabhängig sind. Dafür brauchen wir differenzierte, bedarfsgerechte Ganztagsangebote für Kinder aller Altersgruppen. Nicht umsonst fordern wir FREIE WÄHLER die sukzessive Einführung der Kostenfreiheit des Kindergartens, um vor allem Kinder aus bildungsfernen und sozial benachteiligten Sichten sowie Kinder mit Migrationshintergrund frühestmöglich in den Bildungsprozess einzubeziehen.



Entsprechend hitzig und emotional aufgeladen war der Schlagabtausch im Plenum des Landtags, den Befürworter und Gegner geführt haben. Wechselseitig warfen sie sich vor,  rein ideologisch zu argumentieren. In mehreren Dringlichkeitsanträgen versuchte die Opposition, Bayern von der CSU-Linie zur Einführung der geplanten Barzahlungen an Familien ohne Krippenplatz abzubringen. Die CSU-FDP-Koalition wehrte die Vorstöße aber ab.



Interessant in diesem Zusammenhang war mal wieder, dass die FDP im blinden Gehorsam der CSU-Linie folgte, obwohl Bayerns FDP-Chefin Leutheusser-Schnarrenberger vor Kurzem noch dagegen votierte. Da ist es doch eine Bankrotterklärung, wenn vorgetragen wird, man sei ein verlässlicher Koalitionspartner!





Hitzige Debatte über das Betreuungsgeld im Landtag



 

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