Beeindruckender Rollentausch am Würzburger Blindeninstitut

22 März 2012

Beeindruckender Rollentausch am Würzburger Blindeninstitut

Nicht jeder Termin ist wie der andere. Ein ganz besonderer Termin war in dieser Woche für mich der Besuch des Blindeninstituts in Würzburg im Rahmen der „Aktion Rollentausch“. Da ging es zwar neben pädagogischen Fragen, die die Graf-zu-Bentheim-Schule betreffen und allgemeinen Finanzierungsfragen des Blindeninstituts, vornehmlich um die aktive Teilnahme in einer Lerngruppe, den eigentlichen Rollentausch. Was ich dabei erlebt habe ist schwer in Worte zu fassen und ringt mir höchst Anerkennung für die Arbeit und Leistung der dort beschäftigten Pädagoginnen und Pflegekräfte, die diese im Umgang mit den meist mehrfach und zum Teil schwerstbehinderten Kindern erbringen, ab.





Rollentausch im Würzburger Blindeninstitut


Da fällt es einem gar nicht so leicht danach einen nächsten Termin zu absolvieren, wenn man die Unterrichtserfahrung in einer Gruppe von fünf zum Teil schwerstbehinderten Kindern hautnah miterlebt hat. Sicher kam mir dabei mein jahrelanges pädagogisches Wirken mit hörgeschädigten Kindern zugute, dennoch war das nochmal ein gravierender Unterschied zu meiner früheren Tätigkeit, weil viel persönlicher und betreuungsintensiver. Da war es kein Zufall, dass mich der kleine Arthur am Ende ebenso ungern gehen ließ wie ich mich ungern von ihm trennte.





Arthur ist auf dem rechten Auge blind und kann mit dem linken Auge bei guten Lichtverhältnissen Konturen und Farben erkennen.


Bei der sehr personalintensiven Einzelförderung bewunderte ich dessen Leistungsvermögen, da er -obwohl fast komplett blind - seine Welt mutig erkundet und sie sich mit den Händen erfühlt. Danke für diese Möglichkeit des Rollentausches kann ich an dieser Stelle nur sagen, denn es war sehr beeindruckend und prägend!





Meine Bwunderung gilt vor allem den engagierten Pädagogen, die sich vor Ort intensiv mit den Kindern auseinandersetzen.






Die Kinder leben in der Regel bis auf wenige Besuchstage zu Hause an 365 Tagen im Jahr in der Gruppe. Da wurde mir auch der Unterschied klar, den ich vorher im Gespräch mit dem Vorstand Johannes Spielmann, dem Institutsleiter des Kinder- und Jugendbereichs Hubert Hertlein und der Leiterin des Förderzentrums Heike Sandrock, erfuhr er, dass Ganzjahresgruppe nicht gleich Ganzjahresgruppe ist. Hier gilt es zu differenzieren zwischen Kindern die aufgrund ihrer familiären Situation bzw. wegen ihres Behinderungsgrades 365 Tage im Jahr in der Einrichtung sind und zwischen denen, die regelmäßig am Wochenende nach Hause gehen können.


Ich würde mir wünschen, dass alle politisch Verantwortlichen einmal diesen Rollentausch vornehmen würden, vor allem die Haushaltspolitiker. Sind es doch gerade diese, die oftmals den Geldhahn nicht weiter öffnen wollen wenn es um die Belange der Bildung geht. Was man alles durch eine gezielte individuelle Förderung erreichen kann, habe ich hier erlebt und deshalb habe ich kein Verständnis auf Kosten der Bildung zu sparen – wie dies in Bayern u.a. mit der Bildung von jahrgangsgemischten Klassen oder bei der individuellen Förderung praktiziert wird.





Führung durch die Räumlichkeiten des Würzburger Blindeninstituts.


Interessiert nahm ich am Blindeninstitut zur Kenntnis, dass die Zahl der „Nur“-Sehbehinderten stark rückläufig sei, wohingegen die Anzahl derer mit mehrfachen Behinderungen mittlerweile 75% ausmache und dass auch beinahe mehr Erwachsene als Kinder in der Einrichtung betreut werden würden. Laut dem Institutsleiter spüre man schon die Folgen der Inklusion, da die „Nur“-Sehbehinderten in Regelschulen gingen und somit in den Regelklassen die Schülerzahlen rückläufig seien.


Interessant diskutierten wir auch das Thema Schulbegleiter. Hierbei wurde ich in meiner eigenen Erfahrung als Lehrer an der Schule für Hörgeschädigte bestätigt, dass ein inflationärer Einsatz von Schulbegleitern das System des Lehrens und Lernens verändert. Hubert Hertlein pflichtete mir bei und brachte die Möglichkeit ins Spiel aus den Schulbegleitern einer Schule einen Pool zu bilden aus dem jederzeit den Kindern ein Begleiter zugeteilt werden kann. Da kann ich nur sagen, JA! Schulbegleiter, da wo es Sinn macht, aber man sollte immer abwägen, ob es im Einzelfall Sinn macht. Da haben wir in nächster Zeit im Landtag einige Arbeit vor uns!





Diskussion mit dem Leitungsteams des Würzburger Blindeninstituts.



 

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen