Trojaner-Einsatz sorgt für Zündstoff

18 Oktober 2011

Trojaner-Einsatz sorgt für Zündstoff

„Ozapftis“, nein diesmal nicht das Fass Bier am berühmten Münchner Oktoberfest, sondern die Computer von Bürgerinnen und Bürgern. Der Trojaner-Einsatz, eine sogenannte Späh-Software, sorgte in der vergangenen Woche für eine hitzige Plenardebatte im Bayerischen Landtag. Auch auf meinem facebook-Eintrag erlebte ich eine interessante Diskussion dazu und deshalb verlangte ich mit einer Plenumsanfrage vollständige Aufklärung.

In seiner Antwort hielt sich Innenminister Joachim Hermann betont zurückhaltend. „Die im konkreten Ermittlungsverfahren eingesetzte Software zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung wurde von bayerischen Sicherheitsbehörden ausschließlich bestimmungsgemäß und somit nicht für Online-Durchsuchungen verwendet. Bei der Maßnahme wurden Telekommunikationsinhalte erhoben. Das Abhören verschlüsselter Telekommunikation (Quellen-Telekommunikationsüberwachung) ist aufgrund richterlicher Anordnung entsprechend der Strafprozessordnung (StPO) zulässig.

Nach Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Online-Durchsuchung 2008 ist eine Quellen-Telekommunikationsüberwachung allein am Maßstab des Art. 10 Abs. 1 Grundgesetz zu messen, wenn sich die Überwachung ausschließlich auf Daten aus einem laufenden Telekommunikationsvorgang beschränkt und dies durch technische Vorkehrungen und rechtliche Vorgaben sichergestellt ist. §§ 100a, 100b StPO stellen für derartige Eingriffe in Art. 10 Abs. 1 Grundgesetz nach herrschender Rechtsauffassung eine ausreichende Rechtsgrundlage dar.“

Soweit also die offizielle Staatsmeinung. Im Plenum ging es da etwas deftiger zu. So sind wir FREIEN WÄHLER schon der Meinung, dass Herrmanns vorgesehener Verzicht auf den Einsatz von Trojanern einem Schuldeingeständnis gleichzusetzen ist. Denn das bayerische Landeskriminalamt hat in weit mehr Fällen als bisher angenommen, Spionage-Software auf Rechner von Tatverdächtigen aufspielen lassen. Eine seit Anfang 2009 genannte Zahl von insgesamt 22 Fällen, in denen mit Programmen E-Mail-Verkehr und Telefongespräche abgefangen worden sind, zeigt dies deutlich auf.

Allein zwölfmal setzten die Ermittler die Technik in diesem Jahr ein. Bislang hatte das Innenministerium immer von fünf Fällen gesprochen. Ein Behördensprecher erklärte zwar, dass sich diese Zahl auf jene Ermittlungen, bei denen zusätzlich alle paar Sekunden heimlich Bildschirmfotos angefertigt und an Beamte weitergeleitet worden seien, beziehe. Diese Praxis hat das Landgericht Landshut allerdings mittlerweile als unzulässig eingestuft.

Inzwischen hat der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri begonnen, die Fälle zu überprüfen. Petri hält die Rechtslage zum Einsatz von Spionage-Software durch die Polizei für mangelhaft. Sowohl in der Strafprozessordnung des Bundes als auch im bayerischen Polizeiaufgabengesetz fehlten Regeln, welche die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Das "sicherheitsbehördliche Ausspähen" rufe bei den Bürgern Unsicherheit hervor. Dieser Einschätzung kann ich mich vorbehaltlos anschließen.




Außen hui, innen pfui - die Verunsicherung vieler Bürgerinnen und Bürger zum Einsatz der sog. Software zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung ist völlig begründet. Bild: Grossi 1985/ PIXELIO



 

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