Tabularasa im Landtag

17 Mai 2013

Tabularasa im Landtag

Tabularasa hieß es in dieser Woche im Bayerischen Landtag. Seit Wochen ist der Landtag nun schon in den Schlagzeilen gewesen wegen den Beschäftigungsverhältnissen mit Verwandten. Und gerne zitiere ich an dieser Stelle unseren Fraktionsvorsitzenden Hubert Aiwanger, der in seiner ihm eigenen Art treffend feststellte: „Das CSU-Establishment hat uns die Suppe eingebrockt, an der wir alle zu würgen haben“


In der Tat haben wir die ganze Verwandten-Affäre der Dreistigkeit einiger CSU-Abgeordneter wegen der Beschäftigung von Ehepartnern und Kindern als Mitarbeiter zu verdanken. Nur gut, dass mit dem nun von allen Fraktionen beschlossenen neuen Abgeordnetengesetz künftig die Beschäftigung von Verwandten bis vierten Grades ausgeschlossen ist. Und ich hoffe auch, dass das Kesseltreiben gegen alle Abgeordnete bald ein Ende hat.


Ich kann gut nachvollziehen, dass die „Vetternwirtschaft a la CSU“ oder „Verwandtenaffäre“ bei den Bürgerinnen und Bürgern für großes Aufsehen und Entsetzen sorgt. Auch insgesamt hat dieser Vorfall dem Ansehen des gesamten Bayerischen Landtages erheblich geschadet. Schließlich sind wir Abgeordnete in der Volksmeinung ja nun alle „Abzocker“, „zu gut bezahlt“ und „nicht in der Lage mit staatlichen Geldern umzugehen“.


Komisch kommt mir dabei nur vor, dass sich die letzten 13 Jahre kein Journalist, keine Bürgerinnen und Bürger über die von CSU, SPD und Grüne geduldeten Machenschaften aufgeregt hat. Rufe von durchaus kompetenter Seite, wie der Diätenkommission des Landtages unter Vorsitz von Prof. Oberreuther, hatten bereits im Jahr 2000 auf diese kritischen Beschäftigungsverhältnisse hingewiesen und ein Ende angemahnt, passiert ist dann aber leider nichts. Erst jetzt, nach Bekanntwerden der Schmid‘schen- und Winter‘schen-Eskapaden, bewegte man sich im Sprintschritt voran und hat nun mit dem strengeren Abgeordnetengesetz zum großen Halali geblasen.


Und wie? Galt bis ein Tag vor der Abstimmung des Gesetzes noch der sogenannte „Aiwanger-Vorschlag“, dass künftig keine Verwandte bis dritten Grades als Mitarbeiter eingestellt werden dürfen  als Konsens unter allen Fraktionen, setzten in einer Nacht- und Nebelaktion am Abend vor der Abstimmung vier Parteien noch einen drauf und wollen auch künftig „Vettern“ und „Cousinen“ keine Arbeitserlaubnis in den Abgeordnetenbüros erteilen.


Dass dies kurzzeitig dazu geführt hat, dass kolportiert wurde, dass wir FREIE WÄHLER als einzige Fraktion ausscheren würden, lag vor allem daran, dass wir uns in der Fraktion einstimmig zum dritten Grad positioniert hatten. Wie ich finde im Übrigen vollends ausreichend, denn ich muss ehrlich gesagt schwer überlegen, wer überhaupt mein vierter Verwandtschaftsgrad ist. Manchmal kann man den Bogen auch überspannen!





http://www.fw-landtag.de


Nichtsdestotrotz stehe ich für Transparenz – was ich schon vor rund einem Jahr als einziger Abgeordneter im Bayerischen Landtag durch meinen „Gläsernen Abgeordneten“  begonnen habe und stehe deshalb auch klar hinter dem verschärften neuen Abgeordnetengesetz. Nur frage ich mich ernsthaft, warum die neue CSU-Fraktionsvorsitzende Stewens, „es ausdrücklich begrüßt, dass die FREIEN WÄHLER nun doch dem verschärften Abgeordnetengesetz zustimmen werden“. Hätte sie mal besser in den vergangenen 13 Jahren solche Ratschläge ihrer Partei gegeben, dann hätten wir jetzt nicht dieses unrühmliche Feld zu beackern.



Schließlich schlossen wir FREIEN WÄHLER uns nach einer fraktionsinternen Aussprache am Abstimmungstag dem Vorschlag „vierter Verwandtschaftsgrad“ an, wenngleich Hubert Aiwanger von einem "Riesenberufsverbot für Tausende von Leuten" spricht und deshalb  auch das neue Gesetz als verfassungsrechtlich bedenklich ansieht.


Ob mit dem neuen Abgeordnetengesetz die „Verwandtenaffäre“ jetzt tatsächlich entschärft ist, wage ich zu bezweifeln, kamen doch noch am gleichen Tag neue Informationen ans Tageslicht und sorgten für weiteren Wirbel.  Einem Bericht der AZ zufolge sollen 34 Landtagsabgeordnete im Jahr 2000 noch Familienmitglieder eingestellt haben - als bereits klar war, dass die Beschäftigung von Verwandten Ende 2000 verboten werden würde. Stimmen diese Angaben, so hatten Ende 1999 nur 45 Landtagsabgeordnete Verwandte eingestellt - Ende 2000 waren es dann 79.


Somit steht nun der Verdacht im Raum, dass die 34 Abgeordneten bewusst die Übergangsfrist genutzt haben könnten, obwohl die Beschäftigung von Verwandten damals eingeschränkt werden sollte. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) lehnte eine Veröffentlichung der Namen am Donnerstag mit dem Argument ab, dies sei relevant für die derzeitige Überprüfung des Landtagsamts durch den Obersten Bayerischen Rechnungshof (ORH)  des Landtags für die 187 Abgeordneten. Bleibt die Frage, warum?



Insgesamt 79 Landtagsabgeordnete hatten seit dem Jahr 2000 Ehefrauen oder Kinder als Bürohilfen angeheuert. Dies war nach bayerischem Abgeordnetengesetz rechtens, hat aber trotzdem eine Welle der Empörung ausgelöst. Nach derzeitigem Kenntnisstand waren unter den 79 Abgeordneten nur zwei, die möglicherweise gegen Rechtsvorschriften verstoßen haben: der frühere CSU-Fraktionschef Georg Schmid und Georg Winter, der frühere Vorsitzende des Haushaltsausschusses.


Ebenfalls nicht veröffentlicht werden soll, wie viel Geld die fünf Kabinettsmitglieder an die Staats- beziehungsweise Landtagskasse zurückgezahlt haben, die nach ihrer Berufung ins Kabinett noch ihre Ehefrauen beziehungsweise Schwester beschäftigt hatten, obwohl doch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) noch in der vergangenen Wochen mehrfach Transparenz zugesagt hatte.


Geregelt wurde in dem neuen Abgeordnetengesetz übrigens auch die künftige Regelung für die Veröffentlichung von Nebeneinkünften. Einigkeit besteht darin, dass Verstöße gegen die Veröffentlichungspflicht künftig hart bestraft werden können. Wenn ein Abgeordneter falsche Angaben über die Höhe seiner Einkünfte macht, kann ihm die Hälfte seiner jährlichen Diäten gestrichen werden. Diskutiert wird noch, wie genau das Einkommen in Zukunft offen gelegt werden muss.



 

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