Mit 65 zu alt für das Bürgermeister- oder Landratsamt?

20 Februar 2012

Mit 65 zu alt für das Bürgermeister- oder Landratsamt?

Nicht viele Entscheidungen des Bayerischen Landtages haben in den drei Jahren meiner Anwesenheit im Landtag für so viel Wirbel gesorgt wie die um die Altersgrenze von Bürgermeistern und Landräten. War die jetzige getroffene Regelung seitens der Staatsregierung, die Altersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister oder Landräte nicht aufzuheben und dies erst ab 2020 an die Altersgrenze 67 anzuheben, am Anfang des Denkprozesses meines Erachtens der Lex Ude geschuldet, so hat sie sich mittlerweile nahezu zu einem Bumerang für die CSU/FDP entwickelt. Der Bayerische Landkreistag hat offen dagegen revoltiert und die Forderung von uns FREIEN WÄHLERN die Altersgrenze ganz fallen zu lassen unterstützt.

Ungeachtet davon, dass keinem vernünftig denkenden Bürger zu vermitteln ist, warum ein ehrenamtlicher Bürgermeister auch mit 70 dieses Amt noch anstreben und ein Abgeordneter auch jenseits der 70 noch als solcher kandidieren kann, jedoch für einen hauptamtlichen Bürgermeister diese Regeln nicht gelten sollen, zeigt es wieder einmal wie wenig flexibel und auch überzeugungsfähig machtpolitische Entscheidungsträger sind.

Bei einer Umfrage unter Landräten und Bürgermeistern in Bayern, ergab sich dieses Bild parteiübergreifend



Wo wäre denn das Problem gewesen seitens CSU und FDP zu bekennen, ‚wir haben uns geirrt, die Volksmeinung ist eine Andere, also ändern wir unsere Entscheidung‘? Stattdessen beharrt man auf einen einmal getroffenen Beschluss. Glaubwürdig kommt das nicht rüber, weiß doch Jeder, dass man hier im Kleinen an Einzelfällen wie Ude oder Würzburgs OB Rosenthal das große Ganze aus den Augen verliert! Genau das also, was man der Politik immer vorwirft, wird in diesem Fall wieder genau bestätigt: Intransparenz, Pöstchenschacherei, politische Machtspielchen.

Wie gut, dass Ude mit seiner Entscheidung als Ministerpräsident-Kandidat anzutreten, diesen Machtpolitikern jetzt „ein dickes Brett gegeben“ hat, Wie gut, dass eine solche Entscheidung nun auch noch ein Nachspiel hat und der SPD-Kollege Peter Paul Gantzer aus Haar bei München, selber schon 73 Jahre alt,  nun mit einer Popularklage vor dem Verfassungsgerichtshof erreichen will, dass die Altersgrenze fällt. Er hält sie für diskriminierend. Ich im Übrigen auch!

Und zu Recht wie ich meine – denn es gibt 64-jährige Bürgermeister, die längst abgewählt gehört hätten, und es gibt 66-Jährige, bei denen es keinen Grund dafür gibt. Insofern ist die starre Grenze in keinster Weise gerechtfertigt. Altersgrenzen sind grundsätzlich altersdiskriminierend. Die Ausgrenzung Älterer aus der Arbeitswelt widerspricht meines Erachtens dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Gerechtigkeitsgebot und verletzt die Würde des Menschen. Das muss auch für berufsmäßige Kommunalpolitiker gelten.

Und die neueste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs betont, dass Altersgrenzen nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig seien, siehe Beispiel Abgeordnete oder Ministerpräsidenten bis hin zum berühmtesten Fall Adenauer.

Ich bin mir sicher, dass in einem demokratischen Rechtsstaat es dem Wähler überlassen bleiben sollte, ob er eine Kandidatin oder einen Kandidaten - gleich welchen Alters - wählt oder nicht wählt. Die Bürger sind in diesem Punkt flexibler als machtbesessene Politiker und geben in der Regel mit ihrer Stimme genau diesen ihre Quittung.

Im Übrigen gibt es auch einige vernünftige CSU-Abgeordnete, denn beim Beschluss im Landtag stimmte die schwarz-gelbe Koalition nicht geschlossen zu: Neun CSU-Abgeordnete enthielten sich. Die Opposition sagte geschlossen Nein zu diesem nicht wirklich zu begründenden Entscheid.

Im Übrigen gäbe es für eine ausufernde Kandidatur bis ins Greisenalter einen Ausweg: Per Gesetz die Zahl der Wiederwahlen auf, sagen wir, zwei zu begrenzen. Dann wäre die Altersgrenze verzichtbar. Weil garantiert wäre: Nach maximal 18 Jahren ist Schluss. Die Altersgrenze für Oberbürgermeister- und Landratskandidaten wird wohl ungeachtet der angestrebten Popularklage des Kollegen Ganzers, dem sich die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion anschließt, vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof überprüft werden.


 

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