Mehr Transparenz in der Politik?

20 Januar 2014

Mehr Transparenz in der Politik?

Wir alle wünschen es uns: Transparenz in der Politik. Doch wie viel Transparenz benötigt und verträgt die Politik? Dieser Frage ging mein Kollege, MdL Prof. Michael Piazolo, bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und des Bundes deutscher Kriminalbeamter in Würzburg nach.


Klar wird Jeder sagen: wir wollen Transparenz. Auch für mich steht dieses Thema ganz oben auf meiner politischen Agenda. Viele politische Prozesse und Entscheidungen werden meines Erachtens dem Bürger nicht wirklich nachvollziehbar nahe gebracht, sodass dadurch ein gerütteltes Maß an Politikverdrossenheit entstehen kann. Doch nach dem Vortrag im überfüllten Hörsaal der FH bin ich hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung  totaler Transparenz etwas ins Grübeln gekommen.




rudolf ortner  / pixelio.de

rudolf ortner / pixelio.de


Allein der Gedanke an 26000 Lobbyisten, die in Brüssel tagtäglich die Abgeordneten des Europaparlaments versuchen zu beeinflussen, macht es nötig, der Öffentlichkeit das Für und Wider von Entscheidungen zugänglich zu machen. Das Warum also, weshalb Parteien oder Abgeordnete die Hand für ein Ja oder Nein heben.


So hält sich nach wie vor aufgrund der Stimm- und Wortgewaltigkeit beispielsweise des Ministerpräsidenten Seehofer die Meinung, dass auch die CSU gegen die Trinkwasserprivatisierung sei. Fakt ist hingegen, dass bei einer Abstimmung im EU-Parlament im vergangenen Jahr die Vertreter der bayerischen Staatspartei für eine Privatisierung des Wassers die Hand hoben. Erst durch den ständigen Einwand unseres Fraktionsvorsitzenden Hubert Aiwanger und das stete Wiederholen dieser Widersprüchlichkeit bei Interviews oder Reden ist dieses überhaupt erst in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Das ewige "Aiwanger-Genörgele" (O-Ton CSU-MdEP Weber) hat  überhaupt erst dazu beigetragen, dass ein solches Abstimmungsverhalten an den Tag kam und über den öffentlichen Druck zu einem Umdenken bei der CSU bei der Abstimmung in der vergangenen Woche geführt hat.


Doch das derzeitige politische Informationssystem in den verschiedenen Parlamenten bis hinunter zum Gemeinderat leistet zu wenig Beitrag zur Transparenz. So wäre es bei der heute vorhandenen Medientechnik meines Erachtens längstens überfällig, dass jede Entscheidung oder jedes Ergebnis unmittelbar ohne Zeitverzug (also sofort!) auf der jeweiligen Homepage erscheint, um jedem Bürger zu ermöglichen, Neuigkeiten einzusehen. Damit könnte sich nicht nur jeder Bürger schnell informieren, sondern es könnte außerdem jedem Mandatsträger sofort auf den Zahn gefühlt werden.


Gruppenfoto


Ähnlich hat auch mein Kollege Piazolo in seinem Referat 7 Punkte für eine größere Transparenz in der Politik ausgemacht.


1. Bürgerinformationen müssen transparent sein, Schaffung eines Bürgerzugangsrechts über gespeicherte Daten. Damit könnten interessierte Bürger sich auch vertiefende Informationen über einen Vorgang verschaffen.


2. Über Entscheidungen, die den Bürger betreffen, möglichst frühzeitig informieren. Damit würden viele unnötige Diskussionen und Gerüchte erst gar nicht aufkommen.


3. Bei Gerichtsverfahren Transparenz in der Aufzeichnung der Verfahren.


4. Unabhängige Ombudsmänner, die als unabhängige Ansprechpartner dienen.


5. Ausbau des Bürgerservice in den Kommunalverwaltungen, um so mehr Transparenz zu schaffen. Hiermit würden die "Barrieren" für Bürger, überhaupt in eine Kommunalverwaltung zu gehen, erheblich abgebaut werden können.


6. Amtszeit- und Mandatszeitbeschränkung bei Politikern. 


7. Schaffung einer Informationskultur, möglichst viele Informationen herausgeben.


Das sind meines Erachtens sehr gute Ansätze, die von der Politik aber ernsthaft angegangen werden müssten. Denn ob das wirklich von der Politik gewünscht ist, untermauern immer wieder die ablehnende Haltung vieler Gemeinde- und Stadtratsgremien bis hin zum Landtag beim sogenannten Informationsfreiheitsgesetz. Auch wir FREIEN WÄHLER hatten bereits 2009 einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht, der dann von der CSU/FDP-Mehrheit abgelehnt wurde.




HeinzHirsch  / pixelio.de

HeinzHirsch / pixelio.de


Inwieweit ein völlig transparentes politisches System wünschenswert ist, das will ich nochmal anhand einiger Beispiele hinterfragen. So würde dies bedeuten, dass beispielsweise jedwede Sitzung eines politischen Gremiums, also auch eine Fraktionssitzung im Landtag, zumindest per Internet für den interessierten Betrachter mit verfolgt werden könnte. Das sehe ich durchaus kritisch, denn gerade zur Meinungsbildung ist eine Fraktionssitzung mit den oft sehr divergierenden Meinungen einzelner Abgeordneter sehr kontrovers und ich bin mir nicht sicher, ob bei einer öffentlichen Übertragung einer solchen Diskussion am Ende eine so gut abgewogene Entscheidung entstehen würde, wie dies dann gerade bei uns FREIEN WÄHLERN ist.


Auch die öffentliche Wahrnehmung einer völlig kontroversen Diskussion innerhalb einer Fraktion halte ich für eher kontraproduktiv. Im Übrigen haben sich genau an dieser Thematik schon einmal die PIRATEN im Berliner Abgeordnetenhaus probiert und sind bekanntermaßen auf die Nase gefallen und waren am Ende zerstrittener denn je.


Also, was bleibt an Fazit: Mehr Transparenz braucht es in der Politik unbedingt, aber nicht bis in den letzten Winkel.



 

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen