LOBBYwood – „Achtung: Gewaltenteilung die Fünfte!“

22 Mai 2011

LOBBYwood – „Achtung: Gewaltenteilung die Fünfte!“

Heute mit einem Gastbeitrag meiner Mitarbeiterin Erica Zingher, die als eine von 40 Jugendlichen am diesjährigen Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag teilnahm und während dieser Zeit zu ihrem Artikel LOBBYwood vor Ort in Berlin recherchierte. Das meiner Meinung nach beachtliche Ergebniss wurde zunächst in der Jugendzeitschrift "Politikorange" veröffentlicht.

Das Bild der Lobbyisten ist klischeebehaftet – wir denken an heimliche Machthaber, Käufer der Politik oder schmierige Sportwagenbesitzer. Aber Lobbyismus kann auch sinnvoll und nützlich sein - eine Gradwanderung.

Von Erica Zingher und Florian Diekmann

An einem Dienstagmittag im März hört man in der Lobby des Bundestages eine Stecknadel auf den Boden fallen. Niemand führt Gespräche. Durch die gläserne Außenfassade scheint lediglich die Berliner Sonne in den großen Korridor des Reichstages, der mit glänzenden Ledersofas möbliert ist. Lobbyisten agieren aber schon seit langem nicht mehr ausschließlich hier.

Mit ihren grünen Ausweisen haben sie zu allen Räumlichkeiten des Bundestages Zutritt – von der Lobby, über die Fraktionsebene, bis hin zu den Büros der Abgeordneten. Als Interessensvertreter haben sie darauf einen Anspruch, genau wie auf Teilhabe in den verschiedenen Gremien und Ausschüssen der Bundestagsfraktionen, die nur teilweise öffentlich sind.

Das Problem des Images



Nach vielen Debatten über den Einfluss der Energiekonzerne und dem Atomausstieg oder die einflussreiche deutsche Waffen - und Rüstungsindustrie haben die Lobbyisten ein negatives Image. Aber hört man sich in den Reihen der Bundestagsabgeordneten um, so vernimmt man als Tenor folgendes: Jeder, der politische Interessen besitzt, ist ein Lobbyist - egal ob er Gewerkschaften, Industrieverbände oder Menschrenrechts- und Umweltschutzorganisationen vertritt. Man hört aus allen politischen Richtungen, dass der Lobbyismus an sich legitim und hilfreich ist. Wobei sich nicht sagen lässt, wie legitim diese Legitimität wirklich ist. Geht es um Lobbyismus, so stolpert man oftmals über das Wort Transparenz.

Mehr als Spenden und Überweisungen



Wenn es um Wahlkampffinanzierungen oder große Spendensummen geht, dann ist Transparenz durch nackte Zahlen erkennbar – die Medien greifen sie auf und bringen sie Bürgern nahe. Allerdings endet diese große Transparenz genau hier.

Im Grunde ist Lobbyismus für den Bürger selbst eine „schwierige Angelegenheit“, so Bernhard Weßels, wissenschaftlicher Angestellter am Wirtschaftszentrum Berlin. Lobbyisten gehören zur Politik dazu, wie die Butter aufs Brot – das macht Pluralismus aus.

So durchsichtig wie eine Milchglasscheibe



Von der Beeinflussung bei kleinen Bürogesprächen oder gemeinsamen Treffen bekommt man nichts mit. Einfluss kann durch überzeugende Argumente oder Sachverstand oder durch Versprechen – wie zum Beispiel eines Jobangebots nach dem Rückzug aus der Politik, wie bei Bundeskanzler Gerhard Schröder - erzeugt werden. Somit kann nach einer Gesetzesentscheidung nie genau klargestellt werden, inwiefern eine Lobby nur beratend oder gar maßgeblich entscheidend auf das Gesetz eingewirkt hat. Die große Transparenz erscheint doch eher wie ein Blick durch eine Milchglasscheibe. Wünschenswert wären ein Gesetz, das Korruption verhindert – ein solches gibt es in Deutschland zurzeit noch nicht. Ebenso fehlt eine Verpflichtung für die Abgeordneten, genaue Angaben über ihre Nebeneinkünfte zu machen.

Fernab von gut und böse



Eines ist klar: Lobbyisten tragen zur persönlichen Meinungsbildung bei, versuchen durch engen Kontakt zu den Abgeordneten und Parteien die deutsche Politik zu ihren Gunsten zu verändern. Vor allem im Bereich der Wissenschaft und Technik ist man bei manchen Fragen auf Sachverständige angewiesen, um die Problemlage besser überblicken und analysieren zu können. Das Fundament des Lobbyismus ist fern von gut und böse – die Grenzen verlaufen fließend. Der Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel (FDP) beschreibt die Gradwanderung so: „Lobbyismus ist dann schlecht, wenn der Einfluss über die Kraft eines guten Arguments hinaus geht“.

Ein zweischneidiger Begriff



Befürworter des Lobbyismus denken an die Aktualität der Interessen. Aufgrund der vierjährigen Wahlperiode können neue Entwicklungen in vielen Lebensbereichen nicht berücksichtigt werden. Der Lobbyismus dient als eine demokratische Erweiterung. Im Gegensatz dazu stehen die Gegner, die ein Verbot des Lobbyismus fordern. Für sie verkörpern Lobbyisten geheime Strippenzieher, die demokratische Grundsätze verletzen. Denn das von den Wählern legitimierte Parlament soll allein und unabhängig entscheiden.

Lobbyismus ist einerseits eine Möglichkeit der pluralistischen Demokratie, die Ideen und Nöte bis hin zu den Mandatsträgern zu bringen. Andererseits lädt er aber auch zur Korruption ein. Letztlich liegt die Entscheidung in der Hand des Einzelnen – das ist, was Demokratie ausmacht.

Die Autorin Erica Zingher ist Schülerin der elften Klasse eines Würzburger Gymnasiums und schreibt nebenbei für diverse Onlinemedien. Nach den Bayerischen Jugendmedientagen und dem Bodenseecamp war der Jugendmedienworkshop im Bundestag die dritte mehrtägige Veranstaltung dieser Art.



 

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