Einbau intelligenter Wasserzähler in Privathaushalten

31 Oktober 2018

Einbau intelligenter Wasserzähler in Privathaushalten

In meiner Schriftlichen Anfrage  ging es um die Klärung der Frage was der "Einbau von intelligenten Wasserzählern in Privathaushalten" für Auswirkungen auf die Persönlichkeitsrechte der Bürger hat.  In der Stellungnahme des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr wurde daraufhin erklärt, dass nur Daten aus den Funkwasserzählern ermittelt werden können, die zur Erfüllung der gemeindlichen Pflichtaufgabe der Wasserversorgung und zur Gewährleistung der Betriebssicherheit und Hygiene der gesamten Wasserversorgungseinrichtung erforderlich sind.

Ich frage die Staatsregierung:




1.1. Welche Daten erfassen die „intelligenten“ Wasserzähler?
1.2. Welche dieser Daten werden per Funk versendet?
2.1. Handelt es sich um personenbezogene Daten?
2.2. Wie wird sichergestellt, dass diese nicht auch durch Unbefugte abgerufen werden können?
3. Sind die Bürger verpflichtet, einen „intelligenten“ Wasserzähler installieren zu las- sen oder besteht die Möglichkeit, weiterhin einen analogen Wasserzähler zu nut- zen bzw. die Funkfunktion eines „intelligenten“ Wasserzählers abzustellen?
4. Wie begründet die Staatsregierung den Einbau und die Nutzung der „intelligenten“ Wasserzäher vor dem Hintergrund der Grundrechte auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes, Art. 102 der Verfassung) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes, Art. 106 Abs. 3 der Verfassung), sowie des Grundrechts der informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz), insbesondere in Privaträumen?
5. Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass die zusätzliche Immissionsbelastung durch die funkenden „intelligenten“ Wasserzähler die bestehenden rechtlichen Grenzwerte für niederfrequente Felder weiterhin eingehalten werden können?
6. Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung zum Krankheitsbild der Elektromagnetischen Hypersensibilität vor und wurden diese in den geplanten Änderun- gen des Bayerischen Datenschutzgesetzes und der Gemeindeordnung berücksichtigt?




Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr






Die Fragen 1.1. und 1.2. werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.


Mit dem Artikelgesetz zur Änderung des Bayerischen Datenschutzgesetzes und anderer Rechtsvorschriften soll in Art. 24 Abs. 4 der Gemeindeordnung (GO) eine Rechtsgrundlage für den Einbau und Betrieb elektronischer Wasserzähler mit oder ohne Funkmodul geschaffen werden. Nach dieser neuen Vorschrift dürften in einem elektronischen Wasserzähler nur Daten gespeichert und verarbeitet werden, die zur Erfüllung der gemeindlichen Pflichtaufgabe der Wasserversorgung und zur Gewährleistung der Betriebssicherheit und Hygiene der gesamten Wasserversor- gungseinrichtung erforderlich sind. Im Rahmen dieser gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bliebe es dem sich aus dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht ergebenden Ermessen der Gemeinden überlassen, welche konkreten Daten durch elektronische (Funk-)Wasserzähler erhoben werden sollen. Daten, die zur Erfüllung der Pflichtaufgabe der Wasserversorgung erforderlich sind, sind insbesonde- re solche, die der Abrechnung oder Zwischenabrechnung des Wasserverbrauchs dienen (verbrauchsbezogene Daten). Es dürften daher beispielsweise die Zähler- nummer, der aktuelle Zählerstand sowie Verbrauchssummen für Tage, Wochen, Monate und Jahre erhoben, gespeichert und verarbeitet werden. Trinkwasserhygi- enisch relevante Daten, die in einem elektronischen (Funk-)Wasserzähler gespeichert werden dürfen, sind insbesondere Durchflusswerte, die Wasser- und Umgebungstemperatur für bestimmte Zeitpunkte, Betriebs- und Ausfallzeiten sowie Alarmcodes (z. B. Leckage- oder Rückflusswerte).






Ob elektronische Wasserzähler mit Funkmodul eingesetzt bzw. welche der Daten per Funk versendet werden, soll nach dem Gesetzentwurf jede Gemeinde auf- grund ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts nach eigenem Ermessen entscheiden können.






Die Fragen 2.1. und 2.2. werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.


Bei den in elektronischen (Funk-)Wasserzählern gespeicherten Daten handelt es sich um personenbezogene Daten der Anschlussinhaber bzw. der Bewohner von Häusern, soweit ein Rückschluss auf einzelne Personen möglich ist. Dies ist ins- besondere bei Einfamilienhäusern der Fall.


Der zuständige Wasserversorger ist als für den Einsatz und den Betrieb elektronischer (Funk-)Wasserzähler verantwortliche Stelle datenschutzrechtlich dazu verpflichtet, durch geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. Er muss sich deshalb vor dem Einsatz elektronischer (Funk-)Wasserzähler beim Hersteller vergewissern, dass die Daten durch geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen (z. B. eine sichere Verschlüsselung der gespeicherten und übermittelten Daten) ausreichend vor dem Zugriff unberechtigter Dritter geschützt werden.






Zu 3.
Gemeinden würden in eigener Verantwortung und nach eigenem Ermessen darüber entscheiden, ob sie von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 4 GO überhaupt Gebrauch machen wollen und wenn ja, ob elektronische Wasserzähler mit Funkmodul oder ohne Funkmodul zum Einsatz kommen sollen. Einen ver- pflichtenden Einbau von elektronischen Wasserzählern mit Funkmodul sieht der Gesetzesentwurf nicht vor.


Den Betroffenen steht bereits unmittelbar aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 der Daten- schutzgrundverordnung (DSGVO) ein Widerspruchsrecht zu, das Gründe verlangt, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben. Art. 24 Abs. 4 GO würde dieses Widerspruchsrecht weder nach Art. 23 DSGVO ausschließen, noch würde Art. 24 Abs. 4 GO die Gemeinden zu einem solchen Ausschluss ermächtigen. Ein beson- derer personenbezogener Grund für einen Widerspruch nach Art. 21 DSGVO kann in einer glaubhaft gemachten besonderen Sensibilität gegen elektromagnetische Strahlung bestehen.


Das durch Art. 21 DSGVO gewährleistete Widerspruchsrecht des Betroffenen verpflichtet die Gemeinde zu einer Abwägungsentscheidung, bei der sie die öffentlichen Interessen an der Nutzung des besonderen Datenverarbeitungsverfahrens elektronischer (Funk-)Wasserzähler und die Nachteile eines Verzichts den beein- trächtigten privaten Interessen gegenüberstellen muss.


Sind im konkreten Einzelfall die privaten Interessen und Belange vorrangig, so wäre der Widerspruch gegen den Einbau und Betrieb eines elektronischen Wasserzählers mit Funkmodul begründet. In diesem Fall wäre die Gemeinde nur zum Einbau und Betrieb eines mechanischen oder eines elektronischen Wasserzählers ohne oder mit deaktiviertem Funkmodul berechtigt.






Zu 4.
Das Grundrecht auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 102 BV) schützt die körperliche Bewegungsfreiheit und das Recht, einen gegenwärtigen Aufenthaltsort zu verlassen. Durch den Einbau und Betrieb elektronischer (Funk-) Wasserzähler wird jedoch die körperliche Bewegungsfreiheit nicht tangiert, sodass durch den Einsatz elektronischer (Funk-)Wasserzähler schon nicht in den Schutz- bereich des Grundrechts auf Freiheit der Person eingegriffen wird.


Zwar führt der Einbau und Betrieb elektronischer (Funk-)Wasserzähler zu einem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) und, soweit Daten aus einer Wohnung heraus übermittelt werden, in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG).


Diese Eingriffe sind jedoch gerechtfertigt. Die Ermächtigungsgrundlage des Art. 24 Abs. 4 GO genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.


Elektronische Wasserzähler mit Funkmodul ermöglichen zum einen eine Vereinfa- chung der Wassergebührenabrechnung, da diese Wasserzähler nicht mehr vom Grundstückseigentümer selbst abgelesen werden müssen bzw. das Grundstück nicht mehr von einem Beauftragten der Gemeinde zum Zwecke der Ablesung betreten werden muss. Vor allem aber dienen elektronische (Funk-)Wasserzähler dazu, die Trinkwasserhygiene der gesamten Trinkwasserversorgungsanlage substantiell zu verbessern und die Betriebssicherheit zu erhöhen. So ist es mithilfe elektronischer (Funk-)Wasserzähler möglich, Leckagen im Leitungsnetz schneller zu erkennen und zu lokalisieren, sodass rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden können, um das Eindringen von Keimen und verschmutzten Fremdeinträgen in das Leitungsnetz zu verhindern bzw. die Versorgung der Bevölkerung mit hygienisch unbedenklichem Trinkwasser zu sichern. Die Unversehrtheit der Wasserver- sorgung und der Schutz von Leib und Leben sind wichtige Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit. Der Einsatz elektronischer (Funk-)Wasserzähler dient der Verhütung dringender Gefahren für diese Schutzgüter, sodass auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 13 Abs. 7 GG gewahrt sind.


Zu 5.
Fernauslesbare Wasserzähler sind keine Anlagen im Sinne der 26. BImSchV, d. h. sie unterliegen auch nicht den darin angegebenen Grenzwerten für nichtionisierende Strahlung. Ebenso wie z. B. für Mobiltelefone kann jedoch das der 26. BImSchV zu Grunde liegende Grenzwertkonzept analog für eine Beurteilung der Exposition angewendet werden. Auch der siebte Bericht der Bundesregierung über Forschungsergebnisse in Be- zug auf die Emissionsminderungsmöglichkeiten der gesamten Funktechnologie und in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen vom 15.12.2016 stellt erneut fest, dass durch die geltenden Grenzwerte der 26. BImSchV die Bevölkerung ausrei- chend vor gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder geschützt ist.












Zu 6.
Es gibt keine medizinischen Studien, die einen kausalen Zusammenhang zwischen Feldern und dem postulierten Phänomen „Elektrosensibilität“ belegen können. Im Gegenteil, bei verblindeten Experimenten im Labor konnten sich selbst als elektrosensibel bezeichnende Personen nicht erkennen, ob ein elektromagnetisches Feld vorlag oder nicht. Eine Berücksichtigung dieses Phänomens im Bayerischen Datenschutzgesetz wäre daher nicht sachgerecht.












 











 

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