Politiker-Vatertag: Bollerwagen und Bratkartoffel

19 Mai 2015

Politiker-Vatertag: Bollerwagen und Bratkartoffel

'ICE nach München, planmäßige Abfahrt um 6.04 Uhr, bitte vorsichtig bei der Einfahrt', während diese Stimme am Würzburger Hauptbahnhof aus dem Lautsprecher ertönt, lasse ich kurz Revue passieren. Früh am Morgen klingelte heute der Wecker an meinem Bett. Keine Frage, wenn man um 6.04 Uhr in Würzburg den Zug erreichen will und auf dem Weg zu einem Teil des Abgeordnetendaseins unterwegs ist, Besuch des Verbandstages des größten Lehrerverbandes in Bayern nach Augsburg.

Gott sei Dank gibt es Züge! Sonst wäre manches im Leben eines Landespolitikers nur schwer umsetzbar. Ist es dich ein Unterschied, ob ich als Bürgermeister vom Kaninchenzüchterverein über den Bauhof zum nächst anstehenden Termin innerhalb eines Ortes oder einer Stadt unterwegs bin oder aber auch mal hundert oder Hunderte Kilometer auseinander liegende Termine wahrnehme.

Doch bevor ich im Zug sitze habe ich schon eine rund 45 minütige Autofahrt auf zum größten Teil menschen- und autoleeren Straßen hinter mir. Kein Wunder auch, tags zuvor der Vatertag hat sicher viele Menschen - ob nun Väter oder nicht - dazu verführt einen sogenannten Brückentag zu nehmen, also frei. Während in B5 aktuell der neueste Gedanken der Europäischen Union, nunmehr ein Flüchtlingscamp in Niger zu errichten, um den Flüchtlingsstrom gar nicht erst nach Europa kommen zu lassen, läuft, bin ich um 5.12 Uhr von der Politik eingeholt. 'Ah Hund is er scho', denke ich mir beim Hören dieser Nachrichten!

Doch nicht dem deutschen Innenminister de Maiziere gilt dieser Gedankenblitz, sondern meinem Fraktionsvorsitzenden Hubert Aiwanger, der genau diesen Gedanken schon vor über einem halben Jahr als Erster und Einziger kundtat und damals belächelt worden ist. Einfach ein Instinktpolitiker, dieser Hubert Aiwanger! Wieder einmal mussten wir "Freien" Ideengeber sein, diesmal bei der Flüchtlingspolitik. Doch wie kritisch diese Gedankenspiele gesehen werden, vernahm ich bei der gleich anschliessend laufenden Presseschau. Während die FAZ dies als geniale Idee sieht, moniert die Chemnitzer Freie Presse dies als Blockade der Flüchtlingspolitik, worüber ich mich nur wundern kann und mich frage, kennen diese Journalisten die wirklichen Ausmaße und Probleme dieser Flüchtlingsströme oder schreiben sie nur recht g'scheit darüber?

Der kaum vorhandene Straßenverkehr und die schnelle Parkplatzfindung rund um den Würzburger Hauptbahnhof läßt es zu, dass ich noch schnell einen Cafe-to-go im DB-Casino mitnehmen kann. Nur gut, dass ich so früh selten etwas zu mir nehme: Und so ist es mir ein Rätsel, wie man um 5:57 Uhr - wie einer der Gäste - frisch zubereitete Bratkartoffel ist. Da muss ich fast die Luft anhalten, guten Appetit trotzdem.




Aka / pixelio.de

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Während ich zum Bahnsteig laufe lasse ich den gestrigen Tag Revue passieren. Da waren schon auf der Fahrt zu meinem ersten Termin in aller Herrgottsfrüh die Bierflaschen schwenkenden Väter mit Bollerwagen irgendwo zwischen Thüngen und Binsfeld unterwegs. Auch nicht viel besser, aber das gehört zu diesem traditionellen Vatertag wohl dazu. Wenige Minuten später betrat ich mit dem letzten Glockenschlag die Wallfahrtskirche Maria Sontheim in Arnstein, erhaschte noch den scheinbar für reservierten letzten freien Platz neben der Bürgermeisterin, während hinter mir schon die Fahnen mit den Vereinsabordnungen einzogen.

Sicher gibt es auch andere Möglichkeiten den Vatertag zu verbringen, aber als Landtags- und Kommunalpolitiker sind die Wünsche eingegrenzt, da erwarten die Bürgerinnen und Bürger, dass man "bei ihnen" ist, wie hier beim Gottesdienst im Vorgriff auf das Heimat- und Bürgerfest in Arnstein und eben nicht mit dem Bollerwagen durch die Lande zieht.

Erst tags zuvor war ich zu meinem vierten, aber nicht letzten Termin dieses Tages, auch in der Werntalstadt. Da feierte bereits die Realschule 40jähriges Bestehen und auch da wünscht man sich den Bildungspolitiker vor Ort. Das sind auch immer wieder so Termine, die einerseits Pflichttermine, aber andererseits auch Infoaustausch für mich bedeuten. Denn dabei trifft man viele Menschen von Behörden, Kollegen/innen, die man ohnehin mal wieder sprechen wollte, um sich auszutauschenden. Oder sie kommen gezielt auf einen zu: 'Gut dass ich Sie sehe, ich wollte ohnehin schon mal mit ihnen sprechen wegen ...', bekomme ich da oft zu hören.

Eine Reihe der Teilnehmer hatte ich ohnehin am Vormittag schon bei der Kreistags-Sitzung des Schulausschusses in Karlstadt gesehen, denn da rangen wir um die Zukunft des Bildungs-Standortes Gemünden und seiner Realschulen und Gymnasien. Da ging es hart her in der Argumention, ob nun das staatliche Gymnasium am bestehenden Ort saniert werden oder zum kirchlichen Mädchenbildungswerk umziehen soll. Und es ging vor allem um den Preis, 30 Millionen Euro für eine sicher teure Sanierung oder ein Mischmasch von zwei Gymnasien unter einem Dach, was für mich widersinnig wie nur was ist.

Denn wie soll eine reine Mädchenschule, die ein exzellentes pädagogisches Konzept, das weit über die Region hinaus dafür bekannt und geschätzt ist, mit dem dann im Nebenzimmer hantierenden koedukativen Gymnasium noch seine Identität und Pädagogik aufrecht erhalten. Das wäre etwa so, wie wenn man Bratwurst und Currywurst in einen Teller geben und darauf hoffen würde, dass Beide ihren eigenen Geschmack behalten sollten. Doch zwangsläufig vermischen sich dabei, wie in diesem Beispiel Senf und Ketchup, zu einer "neutralen" Pädagogik. Aus die Maus und futsch ist dann die Bildungsqualität beider Schulen!

Verbale Prügel habe ich dafür gleich am Abend beim Besuch des Theaters am Mädchenbildungswerk bekommen.  Doch dazu stehe ich, schließlich ist man seitens der MBW-Verantwortlichen meinem seit langem geäußerten Vorschlag, sich neuen Schulfeldern, etwa einer privaten Grundschule oder Fachoberschule mit sozialem Zweig, zuzuwenden nicht wirklich ernsthaft gefolgt, sondern ist in die Sackgasse Kultusministerium getappt, die einer verbalen Luftblase herausströmende leere Worten und keine Taten folgen ließen.

Nun sehe ich auch beim Betreten des Bahnsteigs am Würzburger Hauptbahnhof die Folgen des Vatertages, denn nur eine handvoll Zugfahrer hat sich auf dem sonst so prall gefüllten Bahnhof verloren. Kein Wunder, denke ich mir, auch ich wäre heute Früh nicht freiwillig so zeitig aus den Federn gehüpft. Ich hätte allen Grund gehabt, bin ich doch sm Vatertag auch erst um 22 Uhr vom letzten Vereinsfestle nach Hause gekommen.  Aber es ist mir ein großes Anliegen dem Lehrerverband und dem anstehenden Präsidentenwechsel mit meiner Anwesenheit für die Unterstützung in der Vergangenheit, beispielsweise bei unserem Volksbegehren, zu danken. I

Im Zug eingestiegen, rümpft dann eine der wenigen Passagiere bereits die Nase. Einen mit Anzug und Krawatte sowie IPad zum Arbeiten auspackenden Mitmenschen hätte er um diese Uhrzeit wohl kaum erwartet. So nutze ich die Zeit bis zum Umstieg in Nürnberg, um ihnen mit diesen Zeilen einmal einen Einblick in mein Abgeordneten-Leben zu geben.



 

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