Meine Woche

8 Juli 2016

Meine Woche

Es war zwar nur eine kurze, rund einstündige Rückkehr in meine berufliche Vergangenheit als Sportlehrer an der Dr. Karl-Kroiß-Schule für Hörgeschädigte, aber dafür ein umso angenehmerer Termin. Beim bayerischen Landesschulsportfest in Ismaning traf ich nicht nur einige meiner früheren Schülerinnen und Schüler, sondern auch viele ehemalige Kolleginnen und Kollegen. Als wäre ich nie weg gewesen! Was mir bei dieser Veranstaltung einmal mehr klar wurde und wofür ich schon seit mehreren Jahren im Landtag werbe, besser gesagt kämpfe, ist die eigenständige Betrachtung der Hörschädigung. Zwar ist es im Zeitalter der Inklusion für viele meiner Landtagskolleginnen und –kollegen nicht nachvollziehbar, warum es noch eigene Sport-Wettbewerbe für Gehörlose und Schwerhörige geben soll, wenn man diesen doch eine Teilnahme an Wettbewerben hörender Sportler oder eine Verquickung mit den übrigen Behindertensportlern ermöglichen kann, aber alleine der Blick auf die Starts bei den Kurzstreckensprints  in Ismaning haben mich in meiner Auffassung einmal mehr bestätigt.


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Ein „hörender“ Starter hatte keinerlei Einfühlungsvermögen für die hörgeschädigten Schüler, weder von seiner schnellen und von Hörgeschädigten nicht zu verstehenden Sprache („Auf-die-Plätze-fertig-Schuss“) noch von seiner Gestik oder Mimik, sodass eine Reihe von Schülern den Startschuss erst gar nicht mitbekommen haben und hinterherliefen.


Dies ist ein Paradebeispiel, wie Politik des Öfteren an der Realität vorbei diskutiert wird und bestimmte Personenkreise dadurch richtiggehend um ihre Rechte kämpfen müssen. Erst letzte Woche hatten wir dazu im Landessportbeirat die Diskussion zum Antrag des Bayerischen Gehörlosen-Sportverbandes auf Sitz und Stimme in diesem Gremium. Mit 18 zu 1 und an den Haaren herbei gezogenen Argumenten wurde ich niedergestimmt. Argumente wie „dann kämen alle anderen 53 Sportfachverbände des Bayerischen Landes-Sportverbandes und wollten auch Sitz und Stimme in dem Gremium“ oder „die Gehörlosen seien durch den Versehrten- und Behindertensportverband dort ausreichend vertreten“, zeugen von wenig Sachverstand, denn interessanterweise ist der Gehörlosensport sowohl weltweit mit den Deaflympics, also den Weltspielen der Gehörlosen, als auch bundesweit im Deutschen Olympischen Sportbund als Fachverband mit besonderer Aufgabenstellung eigenständig organisiert und anerkannt.


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Wer einmal die Erfahrung machen will, warum Gehörlose und Schwerhörige eben anders zu betrachten sind als andere behinderte Menschen, der sollte sich einmal zu einer Veranstaltung von hörgeschädigten Menschen begeben und versuchen, dort anzudocken. Spätestens dann, wenn die Gebärden dominieren und die Lautsprache nur in Fragmenten zu vernehmen ist, würde Jederfrau und -mann klar werden, dass es noch schwieriger sein müsste, einem solchen benachteiligten Menschen etwa die Feinheiten eines Flops im Hochsprung oder das Dribbeln im Basketball beizubringen.


Insofern bin ich zumindest glücklich darüber, dass wir es mit vereinten Kräften geschafft haben, dass nun der Gehörlosensport ins Nachwuchs-Leistungssportkonzept des Freistaates aufgenommen worden ist und künftig die gehörlosen Sportler strukturierter und organisierter auftreten können. Freilich gilt es bis dahin noch die hohe Hürde der Finanzierung des Nachwuchsleistungssportkonzeptes durch den Bayerischen Landtag im Doppelhaushalt 2017/1708 zu nehmen.


 



 

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