Integration funktioniert über die Sprache

14 Juni 2010

Integration funktioniert über die Sprache



Beim Sommerfest der Main-Bildung in Würzburg konnte ich mich davon überzeugen. Integration funktioniert als Erstes über das Erlernen der deutschen Sprache. Im Erfahrungsaustausch mit Absolventen der Integrations-Sprachkurse wurde einmal mehr klar, dass die durch die BANF bezahlten B1-Sprachkurse jedoch noch nicht ausreichen, um das Sprachniveau zu erreichen, das notwendig ist einen guten Beruf zu bekommen.



Folglich ist es für die Migranten erforderlich den B2-Kurs zu belegen, der monatlich rund 300 Euro Selbstbeteiligung mit sich bringt. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Wie sollen die Migranten ohne Job dieses Geld aufbringen?

Deshalb muss die Politik hier auf der Hut sein und es möglich machen, dass Integrationswillige auch hier die notwendige Förderung bekommen, um somit die Voraussetzungen zu legen in den gesellschaftlichen Prozess und damit in die Berufsfindung zu gelangen.

Ein weiteres Problemfeld wurde durch die Integrations-Sprachkursler an mich heran getragen, die Nichtanerkennung von beruflichen Abschlüssen aus deren Heimatländer. Sicher kann man nicht jeden Berufsabschluss eines Migranten 1:1 anerkennen, aber diese Ausbildung zumindest als Basis hernehmen und mit einer Zusatzausbildung das nötige Ausbildungsniveau deutscher Art zu erreichen.

Besonders ist mir da Svetlana aus Moldawien haften geblieben, die Lehrerin für Chemie und Biologie in ihrem Heimatland gelernt hat. In Deutschland wird ihr rein gar nichts ihrer Studieninhalte anerkannt. Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass Chemie oder Biologie in Moldawien anders funktioniert als in Deutschland. Denken wir nur an die Atom- oder die DNA-Strukturen. Und im Hinterkopf habe das Jammern in Deutschland, dass wir Lehrermangel in den MINT-Fächern haben. Irgendwie passt da doch etwas nicht!

Integration ist eines der großen Zukunftsthemen – davon sind in unserer Gesellschaft noch zu wenige überzeugt, vor allem Politiker. Zwar haben wir mit der Installierung des Bayerischen Integrationsrates dessen Mitglied ich selber bin, ein Instrument geschaffen, dass eine neue Integrationspolitik möglich sein wird, jedoch müssen die Mehrheiten nicht nur in der Mehrheitsgesellschaft dafür, sondern auch in der Regierungskoalition geschaffen werden.



Der Integrationsrat als Gremium




Was also ist so neu an diesem Forum, was werden wir anders machen? Bislang geht es in den Gremien und Dialogforen, die sich mit Integration befassen meist um das große Ganze, um Grundsatzfragen. Das ist wichtig und richtig, aber der Teufel steckt nun mal auch im Detail. Deshalb wollen wir mit dem Integrationsrat dort ansetzen, wo es ganz konkret wird.

In den Ad-hoc-Ausschüssen wirklich dort hingehen, „wo es weh tut“, wie man in der Fußballersprache sagt. Wir wollen heikle Themen behandeln und dafür ganz konkrete Lösungsvorschläge entwickeln. Die besprechen wir dann im Plenum und geben die Ergebnisse weiter an den Landtag und die Ministerien. Und vielleicht wird manches davon dann auch praktisch umgesetzt.



Verantwortung der Mitglieder




Wir müssen handeln. Sowohl die Politik als auch die

Wissenschaft haben in den letzten Jahren großartige Konzepte entwickelt, aber das muss auch umgesetzt werden. Da sind die Politiker in der Pflicht – auch ich. Wir haben den Auftrag, dass Integration gelingt. Das erwarten die Menschen von uns, und dieser Verantwortung müssen wir uns auch stellen. Aber auch die Mehrheitsgesellschaft muss mitmachen.



Der BIR als Ideenpool




Ich verstehe den Bayerischen Integrationsrat als Ideenpool. Er soll ein

lebendiges Gremium sein, in dem kontrovers diskutiert wird. Integration ist nun einmal kein konfliktfreier Prozess und es gibt auch keinen Königsweg. Denn wäre dem so, könnten wir alle zuhause bleiben. Deshalb gilt die Aufforderung an alle: Streiten Sie auch miteinander. Denn nur so lässt sich herausbekommen, wo es hakt, was wir besser machen können und welche Integrationspolitik wir brauchen.



Einbezug der Mehrheitsgesellschaft




Eine entscheidende Rolle spielt die Mehrheitsgesellschaft im Integrationsprozess. Bislang spielt sie eigentlich gar keine – und wozu das führt, haben wir erst kürzlich in der Schweiz erlebt. Wir stellen uns die Frage, wie wir die Aufnahmegesellschaft für Integration gewinnen können? Wie erreichen wir Teilhabe statt Ablehnung und bestenfalls Ignoranz? Wie verhindern wir, dass Menschen zum Thema Integration lieber schweigen statt offen ihre Meinung zu sagen? Es ist gefährlich, wenn die Leute glauben, nicht gehört zu werden und nur am Stammtisch ohne Tabus reden zu können.

Dass so vieles schief läuft bei der Einbeziehung der Mehrheitsgesellschaft liegt nicht an den Menschen, sondern an uns, den Verantwortlichen. Hier bitte iist Jeder von uns gefragt. Wie gewinnen wir die Menschen? Wir verhindern wir, dass eine gute und notwendige Sache wie die Integration irgendwann ebenso unpopulär wird wie die ebenfalls gute und notwendige Sache der Europäischen Einigung?

Das geht nur über Beteiligung – und nicht, indem wir die Menschen als zu dumm oder nicht ausreichend verantwortungsbewusst hinstellen, wie das bei heiklen Themen nur allzu gerne geschieht. Denn es geht kein Weg daran vorbei:

An der Integration müssen beide Seiten beteiligt sein, die integrierende Seite, die Mehrheit, und die Seite, die integriert werden soll. Kein Schlüssel funktioniert ohne ein Schloss. Man braucht beides, um eine Tür zu öffnen.


 

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