Geschlechterdifferenz an Schulen: Mädchen vorn

23 Mai 2015

Geschlechterdifferenz an Schulen: Mädchen vorn

Es ist nicht erst seit gestern bekannt, dass es an Bayerns Schulen massive Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt: Mädchen gehen öfter aufs Gymnasium, Buben vermehrt auf die Mittelschule. Bereits im Jahr 2009 hatte ich dazu bei einem Kongress in Eichstätt entsprechende Untersuchungsergebnisse vernommen, die damals – und daran hat sich bis heute nichts geändert – zum Nachdenken veranlass(t)en. Nunmehr hat das bayerische Kultusministerium auf Antrag von uns FREIEN WÄHLERN die Geschlechterdifferenz an den Schulen systematisch erfasst und im Landtag vorgestellt. Das Ergebnis ist frappierend: praktisch nirgendwo sind Mädchen und Buben „gleich“.




Thommy Weiss  / pixelio.de

Thommy Weiss / pixelio.de


Im Einzelnen:




  • Die Übertrittsquoten der Buben an Mittelschulen sind höher als die der Mädchen (32 zu 29 Prozent). Bei Realschulen (27/29) und Gymnasien (39/40) haben die Mädchen leicht die Nase vorn.

  • An Gymnasien wählen Mädchen häufiger W- und P-Seminare in den Fächern Englisch, Deutsch, Biologie und Kunst; Buben votieren vermehrt für Physik, Geographie oder Wirtschaft.

  • Mehr Buben als Mädchen verlassen das Gymnasium vorzeitig, denn beim Erwerb der allgemeinen Hochschulreife liegen die Mädchen deutlich vor den Buben (35 zu 27 Prozent). Auch die Prüfungsnoten sind besser.

  • Über alle Schularten hinweg haben die Buben höhere Sitzenbleiberquoten (zwei zu 1,2 Prozent).

  • Hingegen studieren mehr junge Männer als junge Frauen – 82,1 Prozent der Männer eines Abschlussjahrgangs, die studieren dürfen, tun dies auch; hingegen gehen nur drei von vier Mädchen (76,1 Prozent), die studieren dürften, auch tatsächlich zur Uni.

  • Mädchen wählen oft eine Ausbildung, aber fast alle dieselbe. Über 50 Prozent der weiblichen Azubis verteilen sich auf nur zehn Berufe: Dazu zählen Krankenschwester oder Medizinische Fachangestellte, Friseurin, Steuerfach- und Rechtsanwaltsangestellte, Verkäuferin oder Kauffrau im Einzelhandel.

  • Bei den Lehrern in Bayern sind die Frauen deutlich in der Mehrheit: Im Schuljahr 2013/14 waren 78 Prozent der Lehrer an Grund- und Mittelschulen Lehrerinnen, an den Realschulen 66 Prozent, an den Gymnasien 57 Prozent. Nur an den Berufsschulen gibt es noch mehr Männer (52 Prozent).


Die Lehrer, so heißt es in dem Bericht, seien für „geschlechtersensiblen“ Unterricht vermehrt aufgeschlossen. So kommen in Mathematik auch Aufgaben vor, die der Lebenswelt der Mädchen entsprechen – und in Deutsch Themen, für die sich Buben interessieren. An der Lehrerfortbildungsstätte in Dillingen wird auch geschlechtersensible Fachdidaktik unterrichtet.


Viele mögen sich beim Lesen dieser Zeilen wohl denken, welcher neue Popanz hier wieder aufgeführt wird. Schließlich hat man viele Jahrzehnte auf den koedukativen Unterricht hingearbeitet. Doch scheinbar hat die Koedukation auch ihre Grenzen und Unterricht braucht etwas mehr, nämlich Differenzierung und Individualisierung. Dies wird für mich beim Studieren der Ergebnisse mehr als deutlich. Es reicht eben nicht 30 Kinder in eine Klasse zu stecken und zu glauben, das würde schon irgendwie passen.  Vielmehr hat mich das Ergebnis eines Modellversuchs an zwei Schulen hellhörig gemacht. So wurden bei den Sprachen die Buben und bei den MINT-Fächern die Mädchen monoedukativ unterrichtet und siehe da, dadurch erfolgte eine bessere Förderung der einzelnen Schüler und Schülerinnen  und die Noten verbesserten sich für beide Geschlechter signifikant.


Damit ist für mich klar, diese Marschroute muss  „generalstabsmäßig“ fortgesetzt werden. Eine generelle Monoedukation – also eine Trennung der Buben und Mädchen im Unterricht – lehne ich grundsätzlich ab, da dies wiederum die Auseinandersetzung mit dem anderen Geschlecht als Teil der Persönlichkeitsentwicklung hemmt. Man sollte die Erfolgsgeschichte der Koedukation nicht in Frage stellen. Allerdings ist eine „phasenweise Trennung“ in einzelnen Fächern und Jahrgangsstufen, wie es besagte Schulen praktizieren, wohl sinnvoll. Auf einen weiteren Punkt habe ich explizit hingewiesen: Die Berufsbilder Lehrer und Erzieher müssen dringend für Männer attraktiver werden. Schließlich werden Buben in hohem Maße von der Kinderkrippe über den Kindergarten und Betreuung bis hin zur Grundschule quasi weiblich sozialisiert. Sicher hinterlässt auch das seine Spuren bei Buben.



 

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