Finanzamt-Unterbesetzung wirft Probleme auf

23 Juli 2014

Finanzamt-Unterbesetzung wirft Probleme auf

Verrückte bayerische Politik: Staatsregierung schöpft vorhandene Steuerquellen  durch Unterbesetzung der Finanzämter nicht optimal aus


Zwar nicht ganz neu, aber (bedauerlicherweise) stets aktuell ist die Unterbesetzung in den bayerischen Finanzämtern und der Finanzverwaltung. In meinen nun schon gut fünf Jahren im Ausschuss für den Öffentlichen Dienst habe ich die Sorgen und Nöte der Finanz- und Steuerverwaltung durchaus kennen gelernt und es ist mir bewusst, dass es sich hier bei rund 17500 Stellen in der Finanzverwaltung um die drittgrößte Beschäftigungsgruppe im Öffentlichen Dienst handelt. Von diesen Stellen sind etwas mehr als 7000 in Nordbayern angesiedelt.


Dass die Unterdeckung der Personalsituation in den Finanzämtern und der Bayerischen Steuerverwaltung ein Dauerthema ist  kommt nicht von ungefähr und hat seine Gründe und Ursachen. Da ist einerseits die andauernde Verkomplizierung des Steuerrechts, die zu einem erheblichen Mehr- und Zeitaufwand führt. Außerdem müssen die Finanzämter ständig genauester, auch gerichtlicher Prüfung, standhalten was somit höchste Anforderungen an die Beschäftigten in den Finanzämtern stellt. Nicht zu vergessen ist die Internationalisierung der Sachverhalte und des Rechts, die zu immer komplizierteren und aufwendigeren Fällen (Geld im Ausland etc.), aktuell sei hier nur mal der Fall Hoeneß genannt, führt.




Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM)  / pixelio.de

Initiative Echte Soziale Marktwirtschaft (IESM) / pixelio.de


Zum anderen muss man aber auch die quantitative Entwicklung sehen. So hat die Arbeitsbelastung der Finanzbeamten rein mengenmäßig enorm zugenommen. Beispielsweise ist bei den Steuererklärungen der Selbständigen/ Vermögenden zwischen 2007 und 2011 eine Zunahme um 6,9 % feststellbar. Und nahezu grotesk steht dazu die Personalsituation. Denn der Personalstand hat trotz Mehraufwand nicht zugenommen, sondern ist sogar rückläufig und hat mit 14 550 Vollzeitkräfte seinen Tiefststand erreicht. Und da muss man nüchtern konstatieren, dass die Beamten deshalb gerade mal nur noch in der Lage sind zu bewältigen, jedoch nicht mehr dazu, die Steuererklärungen zu überprüfen.


Und zu dieser ohnehin prekären Situation kommt erschwerend die Abbauverpflichtung aus dem Art. 6b Haushaltsgesetz und die Aussage des Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung, dass es neue Stellen nur geben kann, wenn an anderer Stelle Stellen eingespart werden, hinzu. Alle wissen, dass die Finanzämter mit enormem Personalmangel zu kämpfen haben und dies wird durch die Abbauverpflichtung des Art. 6b HG noch weiter verstärkt, da ja Stellen trotz ständiger Aufgabenmehrungen weiter abgebaut werden müssen. Laut der Bayerischen Finanzgewerkschaft fehlen zwischen 1000 und 3000 Stellen. Das Problem wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass nicht alle im Haushalt ausgewiesenen Stellen besetzt sind und die zusätzlichen Anwärterstellen bei weitem nicht die Diskrepanz zwischen Haushaltsstellen und tatsächlich erforderlichen Stellen verringern können.


Dies ist im Übrigen keine Erfindung von mir, sondern hierzu existiert sogar eine Feststellung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes in den Jahresberichten 2012 und 2013 zur Personalausstattung, dieBayern im Vergleich zu den anderen Bundesländern  regelmäßig auf letztem Platz bei der Personalausstattung nach objektiven Kriterien sieht. Und wenn ich mir die Entwicklung in Bayern über mehrere Jahre von 2007 – 2011 hinsichtlich der Personalsituation an den Finanzämtern in einer Gegenüberstellung der IST-Besetzung an Vollzeitkräften (VZK) zum Zuteilungssoll (die im Haushalt vorhandene Stellen) anschaue, dann stelle ich eine steigende Unterbesetzung von ehemals 6,2% im Jahre 2007 bis im Jahre 2011 auf 11,6% fest.



Unterm Strich ergibt sich dabei folgende Personalbedarfssituation: 19844 Vollzeitkräften im Haushaltsplan stehen lediglich 16457 Stellen gegenüber und die tatsächliche Besetzung stellt bei 14554 Stellen eine krasse Differenz zwischen Personalbedarf und Haushaltsstellen von sage und schreibe 3387 Vollzeitkräften dar. Da darf man – erinnernd an die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten schon fragen – ist das dieses Bayern, das angeblich „die Vorstufe zum Paradies“ ist?


Ähnlich dramatisch ist die Situation in den Prüfungsdiensten, wo die IST- Besetzung in letzten Jahren verringert worden ist und deshalb bei den  Betriebsprüfungen die Prüfungsturnusse nicht mehr erreicht werden können. Beispielsweise sind für Mittelbetriebe die Zielvorgaben 8,4-10,5 Jahre, tatsächlich erreicht werden derzeit 16,6 Jahre. Man ist geneigt zu sagen, schön für die Mittelbetriebe, aber andererseits sind es eben unser aller Steuereinnahmen die im Staatshaushalt fehlen und an der einen oder anderen Stelle Bedarfe, zum Beispiel im Straßenbau oder zusätzlich nötige Planstellen, nicht decken können. Von den Kleinbetrieben mag man kaum sprechen, denn hier wird eine Prüfung alle 25-40 Jahre angestrebt, sie werden also quasi gar nicht mehr geprüft.


Weitere Beispiele tauchen bei der Umsatzsteuerprüfung auf. Hier ist die  Personalausstattung seit 2008 rückläufig (2011 fehlen 185 Prüfer), besonders eklatant ist die Unterbesetzung an der Steuerfahndungsstelle München (Unterbesetzung von 20%). Umso unverständlicher ist die Tatsache, dass der Freistaat dies seit Jahren akzeptiert und nicht handelt, zumal der ORH hierzu klar feststellt: „Bei einem verstärkten Personaleinsatz können erhebliche Mehreinnahmen erzielt werden, die die zusätzlichen Personalkosten bei Weitem übersteigen.“  Und „Dem Zweck der Wiederbesetzungssperre, Ausgaben einzusparen, stehen im Steuerbereich erheblich höhere Steuerausfälle gegenüber.“ Und ebenso klar ist dort auch zu lesen: „ORH hält deutliche Schritte zum Abbau des Personalmangels beginnend mit dem nächsten Doppelhaushalt 2013/2014 für notwendig“.




Peter Smola  / pixelio.de

Peter Smola / pixelio.de


Nun, genug der Rückschau, sicher interessiert Sie natürlich brennend und zu Recht, wie wir FREIE WÄHLER diesem Umstand begegnen wollen. Welche Initiativen ergreifen die FREIEN WÄHLER gegen die dramatische Arbeits- und Personalsituation?


Die originäre Aufgabe des Landtags ist die Haushalts-Gesetzgebung. Wir von den FREIEN WÄHLER halten es aber für wichtig, sich nicht nur um die Ausgabeseite zu kümmern, sondern vor allem einen Blick auf die Einnahmeseite zu werfen. Wo kommen die Einnahmen her? Natürlich von den Finanzämtern! Die Steuerverwaltung ist quasi unsere Geldbörse, die Finanzämter sammeln es ein. Um die stetig wachsenden Staatsaufgaben auch stemmen zu können, braucht deshalb die Finanzverwaltung einen ausreichenden Personalkörper. Statt ständig über Sparmaßnahmen nachzudenken müsste die Staatsregierung (StReg) nur die vorhandenen Steuerquellen optimal ausschöpfen.


Auf mich hat es den Eindruck – und es gibt dazu ja auch durchaus ein bekanntes Beispiel eines früheren Wirtschafts- und Finanzministers in Bayern - dass die bisherige Politik der StReg darauf ausgerichtet war, die Wirtschaft zu schonen und sie vor allzu häufiger Überprüfungen durch die Finanzverwaltung zu bewahren. Eine restriktive Personalpolitik war die Folge. Es ist ja nachgewiesen, dass Bayern mit die schlechteste Personalausstattung in der Steuerverwaltung hat. Dem Freistaat  gehen dadurch jährlich Milliardenbeträge an Steuern verloren. Nirgendwo in Deutschland gibt es gemessen an der Bevölkerungszahl so wenig Steuerfahnder wie in Bayern. So bildet die bayerische Steuerverwaltung bei der personellen Besetzung das Schlusslicht im Vergleich zu anderen Bundesländern. Der Innendienst ist bundesweit am schlechtesten besetzt, die Betriebsprüfung und die Steuerfahndung befinden sich an drittletzter Stelle. Dabei ist bekannt, dass man mehr Prüfungsbeamte beschäftigen könnte. Denn verrückterweise würde das den Staat nicht mal mehr kosten, sondern es würde sogar nach Abzug der für die zusätzlichen Stellen erforderlichen Ausgaben Mehreinnahmen in Höhe von geschätzt 400.000 € bis 500.000 € pro Prüfungsbeamten pro Jahr bedeuten.


Dennoch lehnt Staatsregierung die Einstellung zusätzlicher Prüfungsbeamter mit der Begründung ab, dass man derzeit Rekordsteuereinnahmen habe und daher auf die zusätzlichen Einnahmen durch die zusätzlichen Prüfungsbeamten nicht angewiesen sei. Ein weiteres Problem stellt der Länderfinanzausgleich dar, da Mehreinnahmen eines Landes zum großen Teil in den Finanzausgleich fließen und nur ein Bruchteil davon im Land verbleit. Daher ist das Interesse der einzelnen Länder eher gering, durch verstärkte Prüfungen die ansässigen Betriebe zu vergraulen. Aus diesem Grund will kein Bundesland in den Steuervollzug investieren. Verrückte Politik!


Das ist aus Sicht der FREIEN WÄHLER der falsche Ansatz, denn nur personell gut ausgestattete Finanzämter können die Basis für eine gute Haushaltpolitik sein, schließlich muss ja Geld zum Verteilen da sein. Wir haben deswegen schon kurz nach dem Einzug in den Landtag im Jahr 2008 als Fraktion wiederholt Anträge auf Stellenmehrungen und -hebungen bei den Finanzämtern gestellt. D.h. unserer Ansicht nach muss sowohl die Zahl der Anwärter erhöht werden als auch die Attraktivität und das berufliche Fortkommen der Beschäftigten gesichert sein. Die unsäglichen Beförderungsstaus müssen endlich abgebaut werden!


Daneben haben wir uns natürlich für eine Anhebung der Anwärterbezüge und eine Verdoppelung der Ballungsraumzulage eingesetzt, da wir wissen, dass in den Ballungsräumen vor allem die jüngeren Beamten eingesetzt werden und die Lebenshaltungskosten dort sehr hoch sind. Ein weiteres Problem ist hiermit angesprochen. Fast alle jungen Beschäftigten werden nach ihrer Ausbildung in  den Raum München versetzt. Das hat zur Folge, dass ebenfalls dringende Nachbesetzungen nicht erfolgen können. Wenn man sich die Unterbesetzung in den nordbayerischen Finanzämtern ansieht, ist dies keine akzeptable Lösung.


Dass wir vehement gegen die anderen Personalmaßnahmen im Zuge der Sparmaßnahmen, wie Streichung der Leistungsprämien, Wiederbesetzungssperre und Absenkung der Eingangsämter waren und gekämpft haben, versteht sich von selbst, da aus unserer Sicht kein verantwortlicher und solider Arbeitgeber so agiert. Zudem ist es für uns  FREIE WÄHLER wichtig, dass sich der Freistaat Bayern und somit die Staatsregierung vor sein Personal stellt und sich für seine Beschäftigten einsetzt. Ein solider und verantwortungsbewusster Arbeitgeber nutzt die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes in schlechten Zeiten nicht als Melkkuh aus!


Ein weiteres Kernanliegen der FREIEN WÄHLER ist die Dezentralisierung und die Verlagerung -  wo möglich - von Aufgaben in den ländlichen Raum oder auf das flache Land. Wir begrüßen daher sinnvolle Verlagerungen von Behörden, die den Versetzungsdruck aus München heraus mindern. Die fortschreitende Automatisierung macht hier natürlich einiges möglich.


Wie Sie sehen gibt es an den Finanzämtern viel zu verbessern, hier habe ich Ihnen nur einige wenige Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Wir FREIEN WÄHLER werden uns auch in Zukunft für die Beschäftigten in den Finanzämtern einsetzen und sind gespannt, wie die Staatsregierung weiter vorgeht.



 

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