Bei einer europäischen Lösung für die Flüchlingskrise geht es langsam voran: Bericht aus dem Europäischen Parlament

20 Februar 2016

Bei einer europäischen Lösung für die Flüchlingskrise geht es langsam voran: Bericht aus dem Europäischen Parlament

Der Zustrom an Flüchtlingen hält weiterhin an – und noch immer gibt es keine europäische Lösung, wie sie Bundeskanzlerin Angela Merkel anstrebt. Stattdessen setzen immer mehr EU-Länder auf eine nationale Lösung und verstärken die Grenzkontrollen, um gegen unerlaubte Grenzübertritte vorzugehen. Ulrike Müller, die die FREIEN WÄHLER im europäischen Parlament vertritt, konnte mir aktuelle Zahlen über die Bemühungen der Europäische Union und den derzeitigen Stand der sogenannten Hotspot, die zur Registrierung von Flüchtlingen und der Feststellung deren Schutzbedürftigkeit dienen, an den Flüchtlingsrouten nennen.





Wolfgang Dirscherl  / pixelio.de

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Westbalkanroute


Die Länder Serbien, Slowenien, Kroatien und Griechenland haben alle den EU-Zivilschutzmechanismus aktiviert. Das bedeutet, dass andere EU-Länder Mittel bereitstellen, um bei der humanitären Notlage in diesen Ländern zu helfen. Insgesamt haben 15 Länder Hilfsangebote gemacht und Zelte, Schlafsäcke sowie Ausrüstung für Heizung und Stromerzeugung geliefert. Eine große Anzahl von Hilfsanfragen konnte jedoch noch nicht ausreichend beantwortet werden. Die Länder an der West-Balkanroute haben zugestimmt, zusätzliche 50.000 Aufnahmeplätze zu schaffen, bisher wurde nur die Hälfte dieser Zielvereinbarung erreicht.


 Zusammenfassend lassen sich für die beiden Sorgenkinder Griechenland und Italien folgende Aussagen treffen:


Griechenland


Die Einrichtung der fünf Hotspots auf den Ägäischen Inseln (Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos) ist nur langsam vorangekommen, weil sie von Grund auf neu aufgebaut werden mussten und es Mängel bei Infrastruktur, Personal und Koordinierung gab. Nur der Hotspot in Lesbos ist aktuell vollständig betriebsbereit. Bei den anderen Hotspots wird an der Einsatzfähigkeit gearbeitet. Die griechische Regierung hat die griechische Armee herangezogen, um das Zieldatum Mitte Februar zu erreichen. In der Zwischenzeit findet die Registrierung in temporären Gebäuden statt. Der Anteil an Migranten, von denen Fingerabdrücke genommen wurden, ist von 8 Prozent im September 2015 auf 78 Prozent im Januar 2016 gestiegen. Sobald sie eingerichtet und einsatzbereit sind, sollen die griechischen Hotspots eine Kapazität zur Abnahme von ca. 11.000 Fingerabdrücken pro Tag erreichen.


Die Umverteilung von 66.400 schutzbedürftigen Menschen aus Griechenland, die von den Mitgliedstaaten vereinbart wurde, kommt nur schleppend in Gang: bisher wurden nur 218 umverteilt.


Die Europäische Kommission hat kürzlich eine an Griechenland gerichtete Empfehlung über dringliche Maßnahmen angenommen, die Griechenland ergreifen muss, damit die Überstellungen auf der Grundlage der Dublin-Verordnung teilweise wieder aufgenommen werden können. Seit dem Urteil des EuGH von 2011 hat Griechenland einige Verbesserungen vorgenommen und Schritte ergriffen, um die Mängel in seinem Asylsystem abzustellen.


Allerdings stellt die Kommission fest, dass trotz struktureller Verbesserungen im Asylsystem durch die Einsetzung eines Asyldienstes und eines Erstaufnahmedienstes das Asylverfahren in wichtigen Bereichen noch Verbesserungsbedarf aufweist, bevor die Dublin-Verordnung wieder vollumfänglich auf Griechenland anwendbar ist. Das gilt insbesondere für die Aufnahmekapazitäten und -bedingungen, den Zugang zum Asylverfahren, Rechtsbehelfe und Rechtsbeistand.


Nachdem in einem Schengen-Evaluierungsbericht Mängel im griechischen Außengrenzen-Management festgestellt worden waren,  prüft der Rat jetzt die Empfehlungsvorschläge der Kommission, mit denen diese schwerwiegenden Mängel behoben werden sollen. Die Kommission wird die entsprechenden Durchführungsmaßnahmen in die Wege leiten, sobald der Rat seine Beschlüsse gefasst hat.





Campomalo  / pixelio.de

Campomalo / pixelio.de


Italien


Die geplante Einrichtung von sechs Hotspots durch die italienischen Behörden in Lampedusa, Pozzallo, Porto Empedocle/Villa Sikania, Trapani, Augusta und Taranto kommt ebenfalls nur langsam voran, zwei Hotspots sind vollständig betriebsbereit (Lampedusa und Pozzallo), ein dritter in Trapani wird einsatzfähig sein, sobald die Umbauarbeiten abgeschlossen sind. In Taranto wird an der Fertigstellung gearbeitet, die Pläne für die Hotspots in Augusta und Porto Empedocle/Villa Sikania sind noch nicht abgeschlossen, hier ist im Hinblick auf den zu erwartenden Anstieg der Migrationsströme im Frühsommer eine Entscheidung sehr wichtig.


Die beiden operativen Hotspots in Lampedusa und Pozzallo haben eine Rate bei der Abnahme von Fingerabdrücken von 100 Prozent bei den letzten Anlandungen erreicht. Der Anteil der Migranten, denen Fingerabdrücke abgenommen wurden, ist von 36 Prozent im September 2015 auf 87 Prozent im Januar 2016 gestiegen.


Obwohl die Umverteilung aus Italien bereits einige Wochen vor der in Griechenland begonnen hat, bleibt sie weit hinter der Zielmarke von 39.600 umzuverteilenden schutzbedürftigen Menschen zurück: bislang wurden nur 279 Asylbewerber umverteilt.



 

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